Antriebsarten : GSV-Forum beschäftigte sich mit Nachhaltigkeit von Fahrzeugantrieben

Geht es nach dem Autofahrerclub ÖAMTC und seiner Partner, dann hängt die Nachhaltigkeit/Klimafreundlichkeit eines Fahrzeugs von verschiedenen Faktoren ab. Das offenbart die Lebenszyklusanalyse. Ein ganz wichtiger Faktor: das Fahrzeuggewicht. Große und schwere Elektroautos mit vergleichsweise großen Traktionsbatterien schneiden in ihrer Klimabilanz schlechter ab als so manch kompakter Diesel. Wie nachhaltig Fahrzeugantriebe sind, wurde beim vergangenen GSV-Forum diskutiert. Neben der Nachhaltigkeit ging es auch um die Frage der Bestandswirksamkeit. Denn es können die Augen nicht vor dem Umstand verschlossen werden, dass die Bestandsflotte nicht von einen auf den anderen Tag gegen Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge ausgetauscht werden kann.

Patrick Hänel, Manager Mobility, Energy & Industrial Application Testing, bei der Shell Deutschland GmbH hielt die einleitende Keynote. Er sprach sich im Namen des Mineralölkonzerns für universelle Lösungsansätze aus, die für das jeweilige Anwendungsgebiet sinnvoll sind. Für ihn stehe fest, dass der Blick über den Tellerrand auch in Richtung jener Länder gehen müsse, die als Entwicklungsländer ganz andere Herausforderungen an die Mobilität stellen.

Der weitere Betrieb der Bestandsflotte sei wichtig. Hier können Bio-Kraftstoffe eine Übergangslösung darstellen, bis die E-Mobilität oder der Wasserstoff im Nutzfahrzeugbereich übernehmen. Shell stellt sich strategisch entsprechend auf, forciert den Ausbau der E-Ladeinfrastruktur beziehungsweise im Sektor der Nutzfahrzeuge die Wasserstofftechnologie. Doch hier brauche es neue Fahrzeuge, die gegen bisherige Bestandsfahrzeuge erst ausgetauscht werden müssten. Auch sei die Wasserstoff-Infrastruktur derzeit alles andere als vorhanden. Durch den Ausbau der erneuerbaren Energien rechnet Hänel zudem mit einem empfindlichen Anstieg der Energiepreise.

Im Anschluss übernahm Roman Benedetto, Partner, EFS Unternehmensberatung GmbH, das Wort. Er ging auf die Entwicklung der großen Märkte bei Elektro-Pkw ein. Dominierend sei China, Japan und Südkorea, wenn es um batterieelektrische Fahrzeuge ginge. Vor allem Japan und Südkorea waren bei der Erforschung alternativer Antriebe früh dabei. Für Indien habe der Markt für batterieelektrische einspurige Fahrzeuge zunehmende Relevanz. Mittelfristig würde nach Ansicht von Benedetto der Verbrenner weiterhin seine Anwendung finden. Natürlich sei vieles durch die Kundennachfrage und das Produktangebot bestimmt sowie den Ausbau der notwendigen E-Ladeinfrastruktur, wie schnell sich die E-Mobilität durchsetzen kann.

An der Podiumsdiskussion nahmen im Anschluss auch Helmut Eichelseder, Leiter Institut für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme, Norbert Harringer, Vorstand, Agrana Beteiligungs-AG. Frank Heine, VP Engineering Customer Projects EC, Division Powertrain Solutions, Robert Bosch AG und Hans-Jürgen Salmhofer, Leiter Abteilung Mobilitätswende, BMK, teil. TU Graz Professor Eichelseder sprach sich für eine Gesamtbetrachtung aus. Die EU-Gesetzgeber würden das Thema seiner Meinung nach nicht korrekt behandeln beziehungsweise nur einseitig. Es brauche nachhaltige Energiesysteme, aber es kommt auf den Anwendungsfall an. "Wir haben eine Bestandsflotte und diese wird uns auch noch länger begleiten", so Eichelseder. Das solle nicht unter den Tisch fallen, gerade hinsichtlich der Diskussion um Biokraftstoffe bzw. E-Fuels.

Frank Heine von Bosch betonte, dass aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung der Mobilitätsbedarf steige. Der Automobilzulieferer und Tech-Konzern würde alle Antriebsarten unterstützen, die zu einer CO2-Minderung führen. "Beim Pkw-Antrieb sehen wir, dass 2030 ungefähr 40 Prozent der weltweiten Neuzulassungen batterieelektrische Fahrzeuge sein werden. In Europa werde der Anteil geschätzt sogar bei 55 Prozent liegen", so Heine. Um 2035 herum planen viele namhafte Autokonzerne nur mehr batterieelektrisch Pkw vom Band zu lassen. Ein Beispiel ist hier Audi. Während die Richtung bei den Pkw elektrisch ist, liegt die Entwicklung bei Nutzfahrzeugen auf Wasserstoff und Brennstoffzelle.

Zur Bioethanol-Herstellung sprach Norbert Harringer von der Agrana. Die Agrana produziert jährlich 260.000 Kubikmeter davon in Pischelsdorf/NÖ. Ursprünglich wurde zur Herstellung Mais und Weizen verwendet. "Es kam dann die Teller-Tank-Diskussion und wir haben begonnen den Bioethanol-Überschuss vorwiegend nach Deutschland zu exportieren.“ Die einstige Anlage wurde mittlerweile um viel Geld zu einer integrierten Bio-Raffinerie umgebaut. Es wird überschüssiger Weizen in Futtermittelqualität genutzt. Würde die Herstellung höher skaliert, dann würde man vorrangig auf zellulosische Rohstoffe wie Holz setzen – möglich wäre es jedenfalls, betonte Harringer.

Abschließend machte Hans-Jürgen Salmhofer vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) darauf aufmerksam, dass der Kurs zur Dekarbonisierung des Verkehrs grundsätzlich auf der Elektromobilität liege. Das sehe der Mobilitätsmasterplan 2030 des BMK vor. Doch auch die Wirtschaft wird erneuerbare Energien benötigen, um ihre Ziele zu erfüllen. "Alle Verbraucher werden letztlich um dieselbe Kilowattstunde Strom rittern", so Salmhofer und ergänzte: "Der Mobilitätsmasterplan sieht vor, dass wir den energieeffizientesten Weg nicht ohne Not verlassen."

Mehr zum Thema:

• Wie umweltfreundlich sind Elektroautos wirklich?
• Welchen Beitrag können regenerative Kraftstoffe zum Klimaschutz leisten?