Europa : EU-Parlament bestätigt Verbrenner-Aus ab 2035

European union flag against parliament in Brussels, Belgium

EU-Parlament bestätigt: Keine Neuzulassungen für Autos mit Benzin- oder Dieselmotor ab 2035

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Das EU-Parlament hat seine endgültige Zustimmung für das Aus des Verbrennungsmotors für Neuwagen im Jahr 2035 gegeben. Am 14. Februar 2023 stimmte in Straßburg eine Mehrheit der Abgeordneten dafür, dass ab 2035 keine Autos mit Diesel- und Benzinmotor mehr neu zugelassen werden dürfen. Bei dem Votum ging es um die formelle Zustimmung über eine Einigung zwischen Parlament und Mitgliedstaaten vom Oktober.

Nach der Einigung fehlte noch die finale Zustimmung zum Verhandlungsergebnis. Die Mitgliedstaaten hatten bereits im November grünes Licht gegeben, nun folgte das Parlament. Die Einigung sieht vor, dass in Zukunft nur noch emissionsfreie Autos und Vans neu zugelassen werden. Ein Streitpunkt in den Verhandlungen war, ob es eine Ausnahme für mit synthetischen Kraftstoffen betriebene Autos geben soll.

Diese sogenannten E-Fuels werden unter Einsatz von Strom meist aus Wasser und CO2 hergestellt. Laut der Einigung vom Oktober soll die EU-Kommission prüfen, ob Fahrzeuge mit einem solchen Verbrennungsmotor zukünftig doch noch zugelassen werden könnten. Auf Betreiben der FDP hatte die deutsche Regierung sich auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass E-Fuels nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

In Kürze will die EU-Kommission zudem ihre Pläne zur Verringerung des CO2-Ausstoßes von Lkw und Bussen vorstellen. Dabei geht es ebenfalls um die Frage, welche Rolle künftig der Verbrennungsmotor bei schweren Nutzfahrzeugen spielen soll und wie viel Bedeutung der Elektromobilität zukommt. Die Kommissionsvorschläge sowohl für Pkw als auch für Lkw und Busse sind Teil des Klimaschutzpaketes, mit dem die EU bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 55 verringern will. (APA)

Zwischenziel bis 2030 ist, die Emissionen bei Neuwagen um 55 % und bei leichten Nutzfahrzeugen um 50 % zu senken

Fit für 55: neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ab 2035 emissionsfrei

Das Parlament gab grünes Licht für die neuen CO2-Reduktionsziele für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge im Rahmen des Pakets "Fit für 55". Mit 340 zu 279 Stimmen bei 21 Enthaltungen billigten die Abgeordneten die mit dem Rat erzielte Einigung auf überarbeitete CO2-Emissionsnormen für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Diese waren an die ehrgeizigeren Klimaschutzziele der EU angepasst worden. Demnach sollen neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 2035 emissionsfrei werden. Dadurch will man die CO2-Emissionen im Vergleich zu 2021 um 100 % reduzieren. Zwischenziel bis 2030 ist, die Emissionen bei Neuwagen um 55 % und bei leichten Nutzfahrzeugen um 50 % zu senken.

Weitere Maßnahmen der Verordnung

Die Kommission arbeitet bis 2025 eine Methode aus, um Daten zu CO2-Emissionen über den gesamten Lebenszyklus von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen auf dem EU-Binnenmarkt zu bewerten und zu übermitteln. Dazu erstellt sie je nach Bedarf entsprechende Gesetzesvorschläge. Bis Dezember 2026 vergleicht die Kommission laufend die Emissionsgrenzwerte mit den Daten zum tatsächlichen Kraftstoff- und Energieverbrauch. Sie erstattet außerdem Bericht über eine Methode zur Angleichung der herstellerspezifischen CO2-Emissionen und schlägt geeignete Folgemaßnahmen vor.
Hersteller, die pro Kalenderjahr nur kleine Mengen produzieren - also 1.000 bis 10.000 neue Pkw oder 1.000 bis 22.000 neue leichte Nutzfahrzeige - können bis 2035 von den Verpflichtungen ausgenommen werden. Hersteller, die weniger als 1.000 Neufahrzeuge pro Jahr produzieren, sind auch in Zukunft davon ausgenommen.
Der geltende Anreizmechanismus belohnt Hersteller, die mehr emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge verkaufen - also Fahrzeuge, die keine oder höchstens 50 g CO2/km verursachen, etwa Elektrofahrzeuge oder leistungsstarke aufladbare Hybridfahrzeuge, mit niedrigeren CO2-Reduktionszielen. Dieser Mechanismus wird nun an erwartete Absatztrends angepasst. Von 2025 bis 2029 liegt der Richtwert dafür bei 25 % für den Verkauf von neuen Pkw und bei 17 % für neue leichte Nutzfahrzeuge. Ab 2030 werden keine Anreize dieser Art mehr gesetzt.
Ab Ende 2025 wird die Kommission alle zwei Jahre einen Bericht veröffentlichen, in dem sie die Fortschritte auf dem Weg zum emissionsfreien Straßenverkehr bewertet.

Diese Ziele schaffen Klarheit für die Automobilindustrie und regen Automobilhersteller zu Innovationen und Investitionen an"
Jan Huitema, Abgeordneter im EU-Parlament (Renew Europe, Niederlande)

Eindeutige Ziele sollen der Automobilindustrie den Weg weisen

Der niederländische Abgeordnete Jan Huitema von der Fraktion "Renew Europe" im EU-Parlament sagte dazu: "Diese Verordnung regt dazu an, emissionsfreie bzw. emissionsarme Fahrzeuge herzustellen. Vorgesehen ist darin die ehrgeizige Überarbeitung der Ziele für 2030 und das Ziel der Emissionsfreiheit bis 2035, das für die bis 2050 angestrebte Klimaneutralität von entscheidender Bedeutung ist. Diese Ziele schaffen Klarheit für die Automobilindustrie und regen Automobilhersteller zu Innovationen und Investitionen an. Emissionsfreie Autos zu kaufen und zu fahren wird für Verbraucherinnen und Verbraucher günstiger, und so entsteht auch schneller ein entsprechender Gebrauchtwagenmarkt. Damit wird nachhaltiges Autofahren für alle zugänglich."

Weitere Informationen und ein Video-Statement zur EU-Entscheidung finden Sie hier

Die Kernkompetenz der europäischen Autoindustrie war bislang vor allem der Verbrennungsmotor, diesem geht es nun 2035 an den Kragen. Der Herstellerverband ACEA fordert eine ambitionierte Industriepolitik für die europäische Autoindustrie

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Automobilindustrie bereit zur Umstellung auf emissionsfreie Technologie

Mit der Bestätigung der CO2-Ziele für Pkw und Kleintransporter durch das Europäische Parlament wird die im vergangenen Oktober zwischen der Europäischen Kommission, dem Parlament und dem Rat erzielte Einigung besiegelt. Dies wird dazu führen, dass der Verkauf von Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren im Jahr 2035 verboten wird und die EU die erste und einzige Region weltweit sein wird, die vollständig auf Elektrofahrzeuge umstellt. Das betont der Europäischer Automobilherstellerverband ACEA.

„Unsere Industrie ist der Herausforderung gewachsen, emissionsfreie Fahrzeuge anzubieten“, erklärte die Generaldirektorin des ACEA, Sigrid de Vries. Dank der kontinuierlichen Investitionen der Industrie wird im Jahr 2022 mehr als jeder fünfte in der EU verkaufte Neuwagen einen Stecker haben. Der europäische Markt sei auf dem besten Weg, die anderen Weltregionen bis 2030 zu überholen. Dann werde der Anteil batteriebetriebener Elektroautos voraussichtlich 70 % übersteigen.

Alle Beteiligten müssten nun dringend zusammenarbeiten, um den Zugang zu den für die Elektromobilität benötigten Rohstoffen zu gewährleisten, Elektroautos zu erschwinglichen Massenprodukten zu machen, negative Auswirkungen auf die Beschäftigung abzumildern und es den europäischen Bürgern zu ermöglichen, ihr Elektrofahrzeug schnell und einfach aufzuladen. Im Zusammenhang mit der für 2026 vorgesehenen Überarbeitung der CO2-Verordnung fordert ACEA klare KPIs, um die Fortschritte in all diesen Bereichen zu überwachen.

„Alle Anstrengungen und Investitionen der Automobilindustrie sind auf eine emissionsfreie Mobilität ausgerichtet. Es ist wichtig, dass alle EU-Politiken und Verordnungen auf dieses Ziel ausgerichtet sind und es unterstützen“, sagte De Vries. Der vorliegende Euro-7-Vorschlag drohe jedoch von diesem beschleunigten Null-Emissionspfad abzulenken, warnt ACEA.

Herstellerverband fordert ehrgeizige Industriepolitik in Europa

Schon Ende Jänner, im Vorfeld der Vorstellung des Green-Deal-Industrieplans forderte Luca de Meo, Präsident des Europäischen Automobilherstellerverbands (ACEA) und CEO der Renault-Gruppe, die Staats- und Regierungschefs der EU auf, eine ehrgeizige und strukturierte Politik für die Automobilindustrie zu entwickeln, die es mit der anderer Weltregionen aufnehmen kann. Dabei nahm er auch auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit der technologischen Umstellung beim Antriebsstrang Bezug und gab sich besorgt, über die schwindende Wettbewerbsfähigkeit der EU-Industrie auf der Weltbühne. „Unsere Industrie hatte lange Zeit einen Wettbewerbsvorteil in der gesamten Wertschöpfungskette von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor“, erklärte Herr de Meo vor Journalisten. „Dies wird bei Elektrofahrzeugen nicht mehr der Fall sein, zumindest nicht auf kurze Sicht. Unsere Konkurrenten haben viele Trümpfe in der Hand, die wir noch nicht haben, nämlich in der vorgelagerten Lieferkette von batteriebetriebenen Elektrofahrzeugen. Hinzu kommt die massive Unterstützung durch nationale und lokale Behörden, die in China und den USA noch zunimmt.“

Luca de Meo, Präsident ACEA
„Die Staats- und Regierungschefs der EU müssen eine ehrgeizige und strukturierte Industriepolitik für die Automobilindustrie auf den Weg bringen, die es mit jener anderer Weltregionen aufnehmen kann“
Luca de Meo, Präsident des Europäischen Automobilherstellerverbands

Während etwa die Vereinigten Staaten mit dem Inflation Reduction Act (IRA) ihre Industrie bei der Umstellung auf umweltfreundliche Technologien fördert, reguliere Europa die Industrie teils auf eine nicht abgestimmte Weise. Exemplarisch dafür sei der Euro-7-Vorschlag zu den Schadstoffemissionen, welcher der Industrie unrealistische Beschränkungen auferlegen und die Bemühungen um eine Dekarbonisierung sogar verlangsamen würde. „Die Einhaltung von Euro 7 würde Kostensteigerungen mit sich bringen, die Kunden vom Kauf dieser neuen Autos abhalten könnten“, warnte de Meo. „Wir argumentieren, dass wir ein weitaus besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis erzielen könnten, wenn wir die enormen Investitionen, die Euro 7 erfordern würde, auf die Elektrifizierung, die Erschwinglichkeit von Elektrofahrzeugen und die Entwicklung von emissionsfreien Technologien zur Verbesserung der Flotte umlenken.

Der Green-Deal-Industrieplan könnte, wenn er erfolgreich umgesetzt wird, ein erster Schritt sein, um Investitionen in der EU zu halten und gleichzeitig den freien Handel weltweit zu sichern. Der Sektor hofft auch, dass das Gesetz über kritische Rohstoffe die innereuropäischen Kapazitäten zur Gewinnung, Raffinierung und Verarbeitung von Rohstoffen sowie deren Versorgungssicherheit verbessern wird. Andernfalls, so warnt der ACEA, werden die Fahrzeughersteller in der EU gegenüber ihren Konkurrenten aus anderen Regionen weiterhin erheblich benachteiligt sein.

Harsche Kritik an der Entscheidung des EU-Parlaments kommt von Mitgliedern der italienischen Regierung, Automobilclubs und der eFuel-Alliance.