E-Carsharing : Carsharing in Wien mit immer mehr Elektroautos
E-Carsharing gibt es nicht nur in Wien. Die Anbieter sind oft überregional tätig. Dennoch ist die größte Stadt Österreichs natürlich ein Hotspot. Denn in Ballungsräumen ist die Anschaffung eines eigenen Autos für viele nicht sinnvoll.
Das erste Unternehmen, das ein rein elektrisch betriebenes Fahrzeug in die Flotte aufnahm, war Denzeldrive. Angeboten wurden Modelle der Marke "Think City". Die Fahrzeuge verschwanden bald wieder aus dem Angebot, da sie dem Vernehmen nach kaum genutzt wurden. Der Sharing-Pionier Denzeldrive selbst ist inzwischen vom Markt verschwunden und wurde später von Zipcar übernommen.
Feste Standorte oder Free-Floating-Modell
Derzeit gibt es in der Donaumetropole zwei unterschiedliche Systeme: Das Free-Floating-Modell und das Carsharing mit festen Standorten. Auf Ersteres setzt Share Now, das aus der Fusion von Car2Go und Drive Now hervorgegangen ist. Anfangs war mit dem BMW i3 auch ein Elektroauto im Portfolio. Mittlerweile sind keine Elektroautos mehr im Angebot.
"Dies liegt vor allem daran, dass die Gesamtkosten zur Erhaltung einer teilelektrischen Flotte wie in Wien ungleich höher sind. Wir analysieren unsere Standorte kontinuierlich neu und beziehen dabei Flottengröße, Parkkosten, Ladeinfrastruktur und weitere Rahmenbedingungen mit ein, um generelle Anpassungen vorzunehmen", teilte Share Now mit. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass an drei Standorten - und zwar in Amsterdam, Paris und Madrid - rein elektrisch betriebene Flotten im Einsatz sind.
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Ausschließlich mit Strom fahren die Autos der Porsche-Bank-Tochter Sharetoo. In Kooperation mit den Wiener Linien betreut das Unternehmen seit kurzem auch die E-Flotte von Wien Mobil. Steffen Gersch, Geschäftsführer des Sharetoo-Betreibers Porsche Mobility GmbH, erläutert das Konzept: In Wien ist man mit 15 eigenen Standorten präsent, an denen bis zu fünf Autos stehen. Angeboten werden nur batterieelektrische Fahrzeuge.
An insgesamt 100 Standorten soll künftig jeweils ein Auto bereitstehen. Der Ausbau ist in vollem Gange, Zapfsäulen gibt es allerdings noch nicht - "leider", wie Gersch ergänzt. Die Fahrzeuge können bis zu drei Tage gemietet werden. Eine App zeigt mögliche Ladepunkte an. Die Batterie muss bei Mietbeginn zu mindestens 30 Prozent voll sein - damit diejenigen, die das Auto gleich gebucht haben, nicht durch die Finger schauen.
Tarife, Ladezeiten und Rückgabe
Beim Verbrenner ist das Tanken leichter planbar. Bei Elektroautos hingegen können nicht verfügbare Ladesäulen oder längere Ladezeiten für Stress bei der Rückgabe sorgen.
Die ÖBB setzen mit Rail&Drive, einem standortgebundenen Carsharing-Angebot, auf eine gemischte Flotte. Dabei überwiegen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, ein Teil ist aber auch elektrifiziert. Der Vorteil: An den Standorten mit E-Autos - etwa an den großen Bahnhöfen - gibt es Ladestationen am Parkplatz des jeweiligen Autos.
Sobald das Auto in der Station am Stromkabel hängt, gilt die Rückgabe bei Rail&Drive als abgeschlossen. Die Nutzer müssen jedoch keine Angst haben, ein Auto reserviert zu haben, das wenige Minuten zuvor mit leeren Batterien an die Station angedockt wurde. Es gibt eine "Karenz" zwischen der Rückgabe und der nächsten Anmietung. Das System lässt nicht zu, dass beides unmittelbar aufeinander folgt.
Die Tarife sind je nach Fahrzeug und Anbieter unterschiedlich. Mittlerweile wird meist sowohl nach Zeit als auch nach gefahrenen Kilometern abgerechnet. Teilweise wird auch eine Grundgebühr erhoben.
Schwierige Situation für kleinere Anbieter
Lina Mosshammer, die sich beim Verkehrsclub Österreich (VCÖ) unter anderem mit dem Thema Sharing beschäftigt, zeigt sich zufrieden, dass es Zuwächse in diesem Bereich gegeben hat. Die Nutzer sollten verstärkt die Möglichkeit erhalten, verschiedene Angebote mit einer Registrierung bzw. über eine Plattform zu buchen. Sie betonte, dass sich dadurch auch die Anzahl der verfügbaren Fahrzeuge für die Betroffenen erhöhe. Als Beispiel nannte sie ein vergleichbares Modell in der deutschen Stadt Bremen.
Dass der Markt von den großen Betreibern beherrscht wird, dürfte laut Mosshammer unter anderem daran liegen, dass die Situation für kleinere Anbieter nicht einfach sei. "Carsharing ist von der wirtschaftlichen Seite schwierig." Auch seien Nutzer kleinerer Unternehmen oft mit dem Problem konfrontiert, dass Autos fast permanent vergeben sind.
Die ÖBB greift ihrerseits auf den eigenen Fuhrpark zurück. Erfreut zeigte sich VCÖ-Expertin aber auch darüber, dass es beispielsweise in Wiener Wohnhausanlagen entsprechende Initiativen gibt. Erfreut zeigte sie sich darüber, dass im Bereich des Carsharings immer mehr Elektroautos angeboten werden: "Damit lernen die Leute E-Mobilität kennen." Dass die vergleichsweise komplexe Bedienung abschrecken könnte, glaubt sie nicht.
Auch dem batteriebetriebenen Elektroauto wird mit Skepsis begegnet. Kritisiert wird, dass ihre CO₂-Bilanz nicht so gut ist wie erhofft und sie zudem genauso viel Platz benötigen wie Verbrennerfahrzeuge. Dagegen spricht, dass sie zumindest lokal emissionsarm sind. Das betrifft nicht nur die Abgasbelastung, wie Mosshammer betont. Auch beim Lärm gebe es Vorteile. Bis 30 km/h seien Elektroautos leiser.
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Insgesamt scheint der Anteil der E-Mobilität in Wien jedenfalls zu steigen. Das zeigt auch eine Studie der Universität für Bodenkultur, die im Auftrag von Wien Energie und der MA 33 erstellt wurde. Demnach soll der E-Auto-Bestand in Wien von derzeit rund 20.000 auf rund 155.000 Elektroautos im Jahr 2030 steigen, also um rund 675 Prozent.
(APA/red.)