Verbrenner-Aus : Deutschland und EU-Kommission einigen sich auf E-Fuel-Kompromiss für Verbrennerverbot

EU Flagge mit Pkw-Fahrverbot Straßenschild
© WEKA Industriemedien

Deutschland und die EU haben ihren Streit über das Aus für Verbrennungsmotoren beigelegt. "Wir haben eine Einigung mit Deutschland über den künftigen Einsatz von E-Fuels in Autos gefunden", so Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission. "Der Weg ist frei: Europa bleibt technologieneutral", bestätigte Volker Wissing, Deutschlands Verkehrsminister.

Bundeskanzler Karl Nehammer zeigte sich erfreut über das Einlenken der EU-Kommission. "Es geht um Fortschritt, nicht um Verbote. Der Verbrennungsmotor hat Zukunft, wenn wir ihn zum grünen Verbrenner machen und Technologien wie E-Fuels oder Wasserstoffantriebe weiterentwickeln", erklärte der Kanzler, obwohl Experten E-Fuels als teuer und ineffizient einschätzen.

Die Einigung sei auch eine wichtige Antwort für den Wirtschaftsstandort Österreich, so Nehammer. Mehr als 80.000 Arbeitsplätze hingen von der Autoindustrie ab.

"Es ist gut, dass es nun eine Einigung gibt und damit der Weg in Richtung CO₂-neutrale Mobilität nicht weiter blockiert wird", reagierte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler. Dass es aber ein Schlupfloch brauche, um die "Zustimmung der Bremser und Blockierer, die einer alten fossilen Ideologie nachtrauern, zu bekommen, ist schade und wird Europas Autoindustrie schwächen".

Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor dürfen auch nach 2035 neu zugelassen werden, wenn sie ausschließlich mit CO₂-neutralen Kraftstoffen betrieben werden. Ein konkreter Verfahrensweg und Zeitplan seien verbindlich festgelegt worden. Erstens wird eine reine E-Fuel-Kategorie geschaffen und in die Flottengrenzwertregelung integriert. Dies soll bis Herbst 2024 abgeschlossen sein.

Ohne die Zustimmung Deutschlands wäre das geplante Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 nicht möglich. Wissing hatte im vergangenen Jahr bei den Verhandlungen zwischen Kommission, EU-Staaten und Europäischem Parlament einen Passus für einen Kompromiss durchgesetzt, wonach die Brüsseler Behörde um einen Vorschlag zu den E-Fuels gebeten wird. Dieser Passus ist nicht rechtsverbindlich. Die Kommission wollte ihn erst nach dem formalen Beschluss der Staaten veröffentlichen.

Wissing verlangte dann aber überraschend vorher eine Einigung über E-Fuels. Die Hängepartie gefährdete auch erhebliche Teile des EU-Klimaschutzprogramms, da einzelne Elemente untereinander verbunden sind. In Brüssel sorgte das deutsche Vorgehen für Frustration. Allerdings äußerten in der Zwischenzeit weitere Staaten ihre Bedenken. So sprach sich auch Italien für die Zulassung von Biosprit-Autos aus.

E-Fuels werden bisher kaum produziert und gelten als knapp, teuer und ineffizient. Deshalb sollen sie laut EU-Kommission vor allem dem Schiffs- und Flugverkehr vorbehalten bleiben, der nicht direkt mit Strom betrieben werden kann. Einer Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung zufolge reicht die bis 2035 erwartete Produktionsmenge nicht aus, um allein den Bedarf in diesen Bereichen zu decken.

Das Europaparlament und EU-Staaten hatten sich bereits im Oktober darauf geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Für Deutschland ist es aber wichtig, dass auch danach noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zugelassen werden können, die E-Fuels tanken - also klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung der Einigung durch die EU-Staaten wurde daher von Deutschland zunächst verhindert.

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Viele EU-Partner hatten irritiert auf das deutsche Verhalten reagiert. Der lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins sprach am Rande des EU-Gipfels von einem "sehr, sehr schwierigen Zeichen für die Zukunft". Es sei verwunderlich, dass sich eine Regierung plötzlich anders entscheide, nachdem eine Einigung erzielt worden sei.

"Die gesamte Architektur der Entscheidungsfindung würde auseinanderfallen, wenn wir das alle tun würden", warnte Karnis. Hinter vorgehaltener Hand äußerten sich Diplomaten in Brüssel deutlicher. Sie werfen Deutschland einen Vertrauensbruch vor.


(APA/red.)