Falls Frau S. eine Ladestation mit mehr als 5,5 kW installieren lassen möchte, muss sie entweder die aktive Zustimmung aller anderer Wohnungseigentümer einholen, wie es bis zur WEG-Novelle 2022 für alle Einzelladestationen notwendig war, oder die Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen. Frau S. müsste im gerichtlichen Verfahren die Verkehrsüblichkeit oder ein wichtiges Interesse an der Errichtung einer solchen Ladestation nachweisen. Ob einem solchen Antrag von Frau Schaub stattgegeben wird, ist von zahlreichen Faktoren abhängig, weshalb die Erfolgsaussichten nur schwer einschätzbar sind. Wichtig dabei ist, dass die durchschnittlich gefahrene Pkw-Strecke in Österreich 34 Kilometer pro Tag beträgt. Für die meisten Fälle ist zur Deckung dieser Alltagsdistanzen eine Langsamladung mit bis zu 5,5 Kilowatt ausreichend.
Beispiel 3: Die Installation von mehreren Einzelladestationen in einer E-Mobilitätsgemeinschaft
Wenn neben Frau S. bereits weitere Wohnungseigentümer eine Einzelladestation installieren lassen möchten, aber die notwendige Mehrheit zur Errichtung einer Ladestation als Gemeinschaftsanlage noch nicht erreicht werden kann, können sich mehrere Eigentümer zu einer sogenannten "E-Mobilitätsgemeinschaft" zusammenschließen. Dazu gelten grundlegend die gleichen Voraussetzungen wie bei der Installation einer Einzelladestation (siehe Beispiel 1 und Beispiel 2). Die Installation von mehreren Einzelladestationen in einer E-Mobilitätsgemeinschaft unterliegt auch der Zustimmungsfiktion. Die Leistungsgrenze dafür beträgt, wie in Beispiel 1 erläutert, 3,7 kW einphasig oder 5,5 kW dreiphasig pro Ladestation. Um die bestehenden Kapazitäten der Liegenschaft optimal auszunutzen, kann die E-Mobilitätsgemeinschaft auch ein sogenanntes Lastmanagement für ihre Ladestationen installieren lassen.
Das hat den Vorteil, dass einerseits die benötigte Leistung für die einzelne Ladestationen reduziert und andererseits netzdienlich geladen werden kann. Zudem kann die E-Mobilitätsgemeinschaft hierbei Kosten einsparen. Falls eine solche E-Mobilitätsgemeinschaft einzelne Ladestationen mit mehr als 5,5 kW pro Ladestation installieren lassen möchte, muss entweder die aktive Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer eingeholt oder die Zustimmung gerichtlich ersetzt werden lassen. Im gerichtlichen Verfahren ist dabei die Verkehrsüblichkeit oder ein wichtiges Interesse an der Errichtung einer solchen Ladestation nachzuweisen. Einer E-Mobilitätsgemeinschaft kann ein solcher Nachweis möglicherweise gelingen.