Historie : Als Porsche seine Sportwagen in Kärnten produzierte
Porsche ist ein Begriff, den, wenn es um sportliche und luxuriöse Fahrzeuge geht, wohl so gut wie jeder kennt. Dass der erste von Ferry gefertigte Sportwagen seinen Namen „Porsche“ in Kärnten und nicht am Standort in Stuttgart-Zuffenhausen erhielt, dürften dagegen die wenigsten wissen.
Ausweichquartier während dem Krieg
Die Bedingungen waren jedoch alles andere als optimal. Als Räumlichkeiten musste ein altes Sägewerk herhalten, in dem rund dreihundert Betriebsangehörige Platz finden mussten. Es fehlte an Maschinen, oft auch an Material, die Holzbaracken waren schnell bis oben hin gefüllt. In der Maschinenbaracke war es so eng, dass sich die Arbeiter kaum zwischen den Drehbänken bewegen konnten, geht aus Dokumenten hervor.
Zusätzliche Baracken mussten für Direktion und Küche errichtet werden, im Ortsteil Gries an der Lieser wurde eine Siedlung für die Konstrukteure errichtet. Und doch hatte der Standort in einem abgelegenen Tal hinter dem Großglockner einen unschätzbaren Vorteil: Es gab kaum Bedrohung durch die Wirren des Kriegs, vor allem gab es in der ländlichen Lage genug Verpflegung für alle Mitarbeiter.
Von Gefangenschaft blieb auch Ferdinand Porsche nicht verschont. Ab Dezember 1945 kam er in französische Gefangenschaft. Zwei Jahre später kam er frei und wurde 1948 formell freigesprochen. In dieser Zeit leitete sein Sohn Ferdinand Anton Ernst Porsche, genannt Ferry, die Geschicke der Firma. Die Zeit des Porsche, wie wir ihn kennen, nahte.
Landmaschinen brachten Geld ein
„Am Anfang sah ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden, sagte Ferry einst. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.“ Doch das Überleben der Firma musste ebenfalls gesichert werden: Das gelang insbesondere durch den Bau von Landmaschinen wie Traktoren, Mähfingern und Seilwinden.
Doch erst der Entwicklungsauftrag für den „Typ 360 Cisitalia“ für die gleichnamige italienische Rennwagenschmiede brachte letztlich das notwendige Geld für die Realisierung eines Traumwagens. 1948 war es dann soweit, es konnte mit der Konstruktion von Ferrys Traumwagen begonnen werden.
Zunächst hieß der Porsche allerdings noch gar nicht Porsche, das Auto wurde als „VW-Sport“ bezeichnet. Der Gitterrohrrahmen aus Stahl trug eine vergleichsweise leichte Karosserie aus Aluminium - zur damaligen Zeit war das reinste Motorsportphilosophie. Nicht alle Komponenten wurden neu konstruiert oder eigens angefertigt.
Ferry bediente sich bei wichtigen Komponenten wie Vorderachse, Getriebe und Motor beim VW Käfer. Erst das handwerkliche Geschick und Feintuning der Porsche-Techniker verhalf dem Antrieb mit einem Hubraum von 1131 Kubikzentimetern - vor allem dank neuer Zylinderköpfe - auf 35 PS.
Das reichte, um das Fahrzeug von nur 585 Kilogramm Gewicht auf 135 Stundenkilometer zu beschleunigen. Am 8. Juni 1948 erhielt der 356 „Nr. 1“ Roadster mit der Chassisnummer 356.001 seine allgemeine Betriebserlaubnis. Er blieb ein Einzelstück.
Edel-Karosserien aus feinen Schmieden
Gleichzeitig mit der „Nr. 1“ wurde bereits an „356/2“ gebaut, schon im August 1948 war das erste Coupé fertig. Basis der 356/2-Modelle war ein Blechkastenrahmen als Chassis. Der Vierzylinder-Boxermotor wurde auf 40 PS gesteigert und rückte in das Heck. Damit wurde Platz für Notsitze und Gepäck geschaffen.
Noch heute ist der Motor des Porsche 911, dem Kern der Marke, hinter der Hinterachse verbaut. Von Winter 1948/49 bis zum Ende der Produktion in Österreich 1950 entstanden 44 Coupés und acht Cabriolets vom 356/2. Die Karosserien der Coupés wurden bei kleinen Spezialisten wie Kastenhofer, Keibl oder Tatra in Wien sowie Beutler in der Schweiz aus Aluminiumblechen von Hand gedengelt, die Karosserien der Cabriolets stammten von Keibl und Kastenhofer sowie von der Firma Beutler in Thun in der Schweiz.
Diese Modelle aus Gmünd waren es, mit denen sich die Marke Porsche auf dem Automobilsalon in Genf im Frühjahr 1949 einem internationalen Publikum vorstellte. Als Ferry Porsche den Entschluss fasste, „seinen“ 356 zu bauen, war er davon ausgegangen, dass man etwa 500 Exemplare so eines Sportwagens verkaufen könnte. Vielleicht seine einzige Fehleinschätzung: Bis 1965 wurden tatsächlich knapp 78.000 Exemplare des Porsche 356 gebaut.