Kraftstoffe : Welchen Beitrag können regenerative Kraftstoffe zum Klimaschutz leisten?

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Viel Zeit bleibt nicht mehr: Experten beharren auf die Klimaneutralität bis 2035, damit die Erderwärmung keinesfalls die 2,0-Grad-Marke überschreitet. Ein Umdenken muss hierzu im Straßenverkehr stattfinden, denn er ist einer der größten CO2-Treiber unseres Planeten. Zusätzlich zeigen uns aktuelle Konflikte und Kriege auf, wie fragil sich die Beschaffung von Gas und Öl gestalten kann. Die Energieautarkie zahlreicher Länder gewinnt an Bedeutung. Trotz der Karten, die auf dem Tisch liegen, wird sich der Fahrzeugbestand in Europa nicht von heute auf morgen umstellen lassen.

Erneuerbare Kraftstoffe ergänzen Elektromobilität

Professor Dr. Thomas Garbe, von der Volkswagen AG in Wolfsburg, plädierte in seinem Vortrag für den Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK), dass ergänzend zum Hochlauf der Elektromobilität, regenerative Kraftstoffe zum Einsatz kommen sollten.

Garbe ist unter anderem an der Entwicklung des Kraftstoffes „R33“ beteiligt. Dieser Biokraftstoff wurde von VW in Zusammenarbeit mit Partnern entwickelt. Neben „R33 BlueDiesel“ erschien im vergangenen Jahr „R33 BlueGasoline“ für Ottomotoren. Jedoch handelt es sich noch um kein Produkt, welches aktuell in Europa flächendeckend an der Tankstelle zu finden ist – im Gegenteil, in Deutschland gibt es gerade mal eine Handvoll an Tankstellen, die R33 Diesel derzeit anbieten.

Gegenüber fossilem Dieselkraftstoff sollen sich mit R33 rund 20 Prozent an Treibhausgasemissionen einsparen lassen, verspricht der VW-Konzern. In Skandinavien sei man beim Thema regenerativer Kraftstoffe bereits weiter, denn hier würde mit "R100" ein Produkt angeboten, welches paraffinischen Kraftstoff enthält. Die Betankung mit diesen Kraftstoffen sei nach Ansicht Garbe's eine Möglichkeit, zumindest kurzfristig etwas für den Klimaschutz zu machen. Voraussetzung: Die Kraftstoffe sind auch für die Verbraucher überhaupt erhältlich. In weiterer Instanz muss der Preis stimmen – doch nicht nur.

"Es braucht eine akzeptable Basisqualität, wie wir es mit den Normen E590 für Diesel und EN228 für Benzin haben“, so Garbe. Keinesfalls dürfen durch regenerative Kraftstoffe Fahrzeugschäden auftreten. Oft sehe sich der Professor zudem mit dem Vorurteil konfrontiert, dass es durch den Anbau von Nutzpflanzen zur Erzeugung regenerativer Kraftstoffe zu Monokulturen käme, welche ökologische Gebiete leiden ließen.

Aus diesem Grund zielen auch die Forschungsbestrebungen darauf ab, dies zu vermeiden, betonte Garbe: "Wir dürfen keinen Pfad wählen, der dem Klima vielleicht nützt, aber der Ökologie schadet", so der Professor. Schlussendlich hänge beides zusammen.

Garbe
© VW; ÖVK

Zwei Pfade: Biokraftstoffe und Power-to-X

Es gäbe laut Garbe im Kraftstoffbereich zwei Pfade, die als ergänzend zu verstehen sind und nicht als Alternativen: Der erste Pfad ist jener der Biokraftstoffe, begonnen mit den Kraftstoffen der ersten Generation aus Anbaubiomasse. Hier gibt es eine Sackgasse, denn es kann zum Anbau nicht beliebig viel Boden zur Verfügung gestellt werden. Wichtig seien daher die Biokraftstoffe der zweiten Generation aus Reststoffen wie Stroh oder Klärschlamm oder Holzresten. Wenn die Forschung voranschreitet könnte selbst Plastikmüll ein interessanter Stoff zur Herstellung sein.

Der andere Pfad sei laut dem Experten die "Power-to-X"-Kraftstoffe: Dabei wird CO2 aus der Atmosphäre gezogen, regenerativer Wasserstoff erzeugt, und beides zusammengeführt, woraus schlussendlich Wasser und Kraftstoff entsteht. Der Knackpunkt: Es darf bei der Herstellung nur Kohlenstoffdioxid emittiert, welches zunächst aus der Atmosphäre genommen wurde. Solche Kraftstoffe sind aktuell nicht für Kundinnen und Kunden verfügbar, bei einer Hochskalierung aber faktisch unbegrenzt vorhanden.

Der Experte räumte ein, dass wir vor dem Hintergrund des Klimawandels auf die Hochskalierung nicht mehr warten könnten und das Potenzial der Biokraftstoffe erster Generation nicht ausreiche. Daher würden wir sowohl die "alten" Biokraftstoffe wie auch PtX-Kraftstoff benötigen und obendrein Fahrzeuge mit Batterieantrieb. Denn die Elektromobilität hätte in der Gesamtbetrachtung den Vorteil, dass immer weniger Flüssigtreibstoff benötigt werden würde, wodurch die Menge an regenerativen, ökologischeren Kraftstoffen im Verhältnis rascher gesteigert werden könnte.

Zum Kostenthema bei flächendeckendem Einsatz regenerativer Kraftstoffe gibt es nur Schätzungen. Die Preise sollen sich anfangs auf höherem Niveau als die konventionellen Kraftstoffe befinden, sich mit der Zeit aber an uns bekannte Kraftstoffpreise annähern. Zunächst ist eine Mischung von 50 Prozent erneuerbarem Kraftstoffes zu konventionellem Kraftstoff vorgesehen, um vertretbare Preise für die Verbraucher anzubieten. "Bis 2045 sollten wir auf 100 Prozent regenerativer Antriebsenergie im Straßenverkehr kommen", sagte Garbe. Jeder Tropfen Kraftstoff, der in 2045 verwendet wird, müsse dann ein Biofuel oder ein Power-to-X-Kraftstoff sein.

Allein mit "gutem Willen" würde es jedoch nicht gehen, denn den regenerativen Kraftstoffen fehlt es an Popularität. Garbe forderte in seinem Vortrag neutrale Organisationen, die das Ramp-up dieser neuen Kraftstoffgeneration begleiten. Der Experte schlug zudem die Einrichtung eines Nationalen Instituts für die Defossilisierung des Straßenverkehrs vor: "Es ist wichtig, die Menschen in produktive Diskussion zu verwickeln."