EU-Gipfel : Unterwegs mit den Verkehrsministern

Das kommt nun doch ein wenig überraschend: wenn sich die Verkehrsminister der Europäischen Union zu einem Gipfel treffen, würde man annehmen wollen, dass es um Verkehr geht. Tut es aber gar nicht. Zuerst einmal geht es um: Uhren. Denn die Minister und Ministerinnen werden sich zuerst einmal über die mögliche Abschaffung der Sommerzeit in der EU befassen. Was das mit Verkehr zu tun hat, mag sich dem aufmerksamen Beobachter nicht völlig erschließen, aber bestimmt dem aufmerksamen Leser dieser Website: Wir schicken Firmenwagen-Redakteur Lukas Klamert am kommenden Montag und Dienstag (29. und 30. Oktober) nach Graz zu den EU-Verkehrsministern, um auch dieses Rätsel zu lösen.

Dienstag, 30. Oktober, 16.30 Uhr: Hofer hofft auf Autopiloten

Verkehrsminister Norbert Hofer hofft darauf, dass autonome Autos die Zahl der Verkehrsunfälle deutlich senken. 90 Prozent der Verkehrstoten seien auf menschliches Versagen zurückzuführen, das autonome Fahren soll den fehleranfälligen „Humanfaktor“ ausschalten.

Freilich gibt es heutzutage weniger Verkehrstote als früher, doch ein Mobilitätspaket im Dezember soll noch mehr Verkehrssicherheit bringen. EU-Kommissarin Violeta Bulc spricht sogar von einem Paradigmenwechsel, der stattfinden muss, die Straßeninfrastuktur soll verbessert werden, damit die Verkehrssicherheit erhöht werden kann. Das Ziel der EU: Alle Fahrzeugklassen sollen Fahrassistenzsysteme erhalten so Bulc. Ein Wörtchen hat die Automobilindustrie aber sicher auch noch mitzureden.

Dienstag, 30. Oktober, 12.00 Uhr: Im Allgemeinen bleiben

Informelle EU-Gipfel sind, wie sie heißen: Informell. Und nicht verbindlich. So bleibt es auch diesmal beim EU-Gipfel der Verkehrs - und Umweltminister in Graz. Obwohl: man hat hier eine schöne sprachliche Wendung gefunden, um dem Gipfel eine historische Note zu verleihen: die fast heroisch klingende Grazer Erklärung. Hat schon was von „Declaration of human rights“ oder „Declaration of independence“. Sie soll nun die EU-weite Richtung in Sachen Nachhaltigkeit und Mobilität unter dem österreichischen EU-Ratsvorsitz vorgeben und so etwas wie eine Mobilitätswende einleiten.

Der erste Punkt des kleinen Grazer Manifests sieht die schnelle Einführung emissionsfreier Fahrzeuge und Optionen für erneuerbare Kraftstoffe vor. Bis 2050, so forderte es jedenfalls Umweltministerin Elisabeth Köstinger, soll der Verkehr vollständig karbonfrei sein. Der zweite Punkt umfasst Mobilitätsmanagement und -planung. Drittens gehe es um aktive Mobilität zur Förderung von Gesundheit und Nachhaltigkeit. So sollen künftig Geldmittel für die TEN-Netze auch für die Rad-Infrastruktur aufgewendet werden. EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc sprach in diesem Zusammenhang auch E-Bikes als Teil eines multimodalen Verkehrs an. Und: Teil der Führerschein-Kurse soll künftig auch Aufklärung über eine möglichst umweltschonende Nutzung des künftigen Fahrzeugs sein.

Montag, 29. Oktober, 22.00 Uhr: Kern-Kompetenzen

Ich stelle fest: man bedient hier jedes touristische Klischee, das sich so bietet: im Hotel finde ich Kürbiskerne auf meinem Kopfpolster, zum Abendessen gibt es Schnitzel in Kürbiskernpanade.

Montag, 29. Oktober, 20.00 Uhr: Cat-Content und E-Fahrzeuge

Bei Saubermacher werden nicht nur Plastikabfälle, sondern auch rund 10.000 Batterien von E-Autos pro Jahr recycelt. Das dürfte einer der wachstumsstärkeren Unternehmensbereiche werden.

Wenn die Amtskollegen aus Europa schon mal da sind, will man natürlich auch zeigen, was man hat. Und so kam es, dass die Minister nun zu einem Ausflug zu Saubermacher, einem der größten heimischen Entsorgungsunternehmen, eingeladen waren. Erst kürzlich hat mit Wastebox.biz ein Projekt von Saubermacher den österreichischen Logistikpreis erhalten - das wissen die Minister vielleicht nicht, deshalb sei es hier erwähnt: Wastebox vernetzt Bauunternehmen und deren Baustellen mit Entsorgern, die Baustellenabfall abtransportieren. Das ist, so weiß ich nun, vor allem deshalb recht herausfordernd, weil Baustellen im Gegensatz zu dem, was dann auf ihnen entsteht, noch keine Adresse haben.

Die Minister aber wurden bei Saubermacher vor allem über das Recycling von Plastikabfällen informiert:

Das Altplastik wird von eigenen Fahrzeugen und externen Unternehmen tonnenweise angeliefert, von einem Bagger zusammengeschoben und anschließend per Hand und Maschine sortiert – ohne Humanfaktor geht es trotz aller Automatisierung nicht. Dabei fiel der Blick auch auf das riesige Förderband mit unglaublich viel Plastikmüll darauf.

Doch eine vergleichsweise kleine Verpackung stach für mich besonders hervor: eine türkisschillernde Katzenfutterverpackung. Warum genau diese? Die Antwort ist einfach: Meine zwei Katzen futtern seit zwei Jahren jeden Monat aus 48 solcher Verpackungen, das ergibt bislang 1152 Stück dieser kleinen Umweltverschmutzer. Eine stolze Summe, auch fürs Geldbörserl. Es hätten außerdem Teile meines Hausrates bei den Saubermachern liegen können, wenn er nicht direkt auf irgendeiner Deponie landet, was viel wahrscheinlicher ist. Pro Jahr fallen sage und schreibe 31.000 Tonnen an Kunststoffabfällen an – darunter Dosen und PET-Flaschen, erklärte eine Unternehmenssprecherin.

Die Saubermacher recyceln aber nicht nur Altplastik, sondern auch Fahrzeugbatterien von E-Autos. 10.000 pro Jahr. Hierzu arbeitet das steirische Entsorgungsunternehmen mit dem Bremerhavener Unternehmen Redux zusammen, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben. Rund 60 bis 70 Prozent lassen sich wieder an Ursprungsmaterialien aus alten Batterien wieder verwerten. Zunächst müssen die Batterien, die noch über eine Restladung verfügen, entladen werden. Der Anteil an recycelten Fahrzeugbatterien ist bei den Saubermachern aber noch überschaubar. Dennoch rechne man damit, dass sich die Menge bis 2025 verfünffacht und bis 2030 sogar verzehnfacht. Ein Markt mit Zukunft also.

Montag, 29. Oktober, 11.30 Uhr: Keine Zeit für die Zeit

Warum sich ausgerechnet die Verkehrs - und Umweltminister mit dem möglichen Ende der Sommer - und Winterzeit beschäftigen müssen, ist auch nach der Pressekonferenz hier in Graz so klar nicht. Doch das ist auch nicht weiter schlimm: die Zeitumstellung erweist sich ohnehin als zu hartnäckig, um bei diesem Gipfel der EU-Verkehrsminister beendet zu werden.

Am ersten Gipfel-Tag für Verkehr und Umwelt in Graz konnten auch EU-Kommissarin Violeta Bulc und der österreichische Verkehrsminister Norbert Hofer keine handfeste und vor allem befriedigende Antwort liefern. Die Uhren gehen auf EU-politischer Ebene eben etwas langsamer. Dabei sehnt man sich doch nur nach Gewissheit: kommt die dauerhafte Sommer- oder Winterzeit?

Es wurde merklich um den „heißen Brei“ geredet und der Frage eines Journalisten, ob denn nun die Sommer- oder Winterzeit präferiert würde, gekonnt ausgewichen. Doch eines ist nun bekannt: Mit der Zeitumstellung wird es frühestens Ende 2021 was. In euphorischer Europaeinigkeit läuft das Ganze nämlich ganz und gar nicht ab. Soviel steht fest.

Nicht nur stünden dem drei Zeitzonen im Weg, eine Umstellung würde administrativ auch die Luftfahrt und das IT-Wesen gehörig auf den Kopf stellen, bemerkte Hofer. Fast noch verhaltener antwortete Violeta Bulc: Es werde "nach einem harmonisierten Weg gesucht.“ Was auch immer das heißen mag. Einen „Zeit-Fleckerlteppich“ wünscht sich im EU-Binnenmarkt freilich keiner, ergänzte Hofer. Das hat er schon vor dem Gipfel per OTS-Aussendung verlautbart.

Große Sprünge werden jedenfalls nicht gemacht. Ein „Koordinator“ soll für eine einheitliche Lösung sorgen. Falls nicht, dann soll es eine „Safeguard-Klausel“ geben - die Idee dazu ist übrigens von Hofer selbst gekommen. Was genau diese bringt, wurde nicht näher erläutert, außer dass der gesamte Prozess dann „geändert“ werden müsste. Ob das Thema der Zeitumstellung wirklich noch innerhalb des österreichischen EU-Ratsvorsitzes abgehandelt wird?

Montag, 29. Oktober, 09.00 Uhr: Als mir die Ministerin auf die Füße trat

Doorstep also. Das übliche Gipfelritual. Nichts Neues bisher. Bis auf meine Begegnung mit Umweltministerin Elisabeth Köstinger. Die ist mir nämlich unabsichtlich auf die Ferse gestiegen. Und hat sich dann mehrmals auf Englisch bei mir entschuldigt. "Never mind!"

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