Tankstellen : "Keine Autos bedeutet auch kein Geschäft"
Die Umwelt freut es, die Tankstellen weniger: Dieser Tage wird spürbar weniger gefahren - und auch weniger getankt. Auslöser sind die Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus und die damit einhergehenden Ausgangsbeschränkungen der Bundesregierung, aber auch die vorübergehende Schließung von "nicht-systemrelevanten" Geschäften.
„Die Nachfrage nach Kraftstoffen ist an den Tankstellen signifikant rückläufig“, weiß Christoph Capek, Geschäftsführer des Fachverbands der Mineralölindustrie (FVMI). Vor allem im privaten Pkw-Bereich sei die Nachfrage stark zurückgegangen.
Die Kunden bleiben den Tankstellen aus
Die fehlende Kundschaft schlägt sich bei den Umsätzen der Tankstellen bereits deutlich zu Buche und bringt diese in eine prekäre Lage, bei der es Opfer geben könnte. Die steirischen Tankstellen klagen beispielsweise über einen Umsatzeinbruch von bis zu 80 Prozent. Ähnliches ist nicht nur aus anderen Bundesländern, sondern auch aus Deutschland zu hören.
Das Problem: Angesichts der derzeitigen Situation kämen überwiegend nur noch Firmenfahrzeuge zur Betankung. Jedoch nur von „versorgungsnotwendigen“ Unternehmen, die trotz der Restriktionen ihr Geschäft betreiben dürfen. Alle anderen Kunden würden derzeit ausbleiben, sagt Harald Pfleger, Fachgruppen-Obmann der rund 400 steirischen Tankstellenbetreiber in der Wirtschaftskammer, da sie nicht - oder nicht in normalem Umfang - genutzt würden.
Den Tankstellen, die zu jenen Betrieben zählen, die zur kritischen Infrastruktur in Österreich gehören und deshalb weiterhin geöffnet haben, entgeht dadurch einiges an Geld. "Keine Autos bedeutet auch kein Geschäft", sagt Pfleger zum ORF.
Auch den 136 Tankstellenbetreibern in Kärnten ginge es nicht besser. Die Obfrau der Tankstellenbetreiber, Iris Kraiger, beziffert den Umsatzrückgang seit Mitte März. „Wir haben da sicher zwischen 70 und 80 Prozent Einbußen beim Treibstoff und der Shop-Umsatz beziehungsweise unsere Nebengeschäfte sind teilweise komplett eingebrochen“.
Gastroverkauf in Tankstelle ist untersagt
Was vielleicht nur wenige wissen: Viele Tankstellen leben zu einem großen Teil vom Gastroverkauf und anderen Dienstleistungen. Das Problem ist, dass aktuell die Bistrots geschlossen halten müssen, um Ansteckungen zu vermeiden. In den Shops an der Tankstelle gäbe es zwar Ware, aber die Kunden bleiben dennoch aus, sagt Pfleger und rät: „Wer Angst hat vor den Schlangen im Supermarkt, vor der Bedrängnis: Wir haben alles, und bei den Tankstellen kann man auch einkaufen.“
Die Lage könnte sich nicht verzwickter darstellen: "Wir müssen bestellen, damit alles da ist, weil der Kunde sonst vielleicht gar nicht mehr kommt", sagt Iris Kraiger, andererseits kommt aber keiner. Die Ware musste den Lieferanten auch schon bezahlt werden, doch jetzt bleiben viele Tankstellen darauf sprichwörtlich sitzen. Als Maßnahme haben viele Tankstellen ihre Öffnungszeiten massiv eingeschränkt.
Hoffen auf flexiblere Öffnungszeiten
Wie in anderen Branchen müssen jetzt auch zahlreiche Tankstellenbetreiber auf Kurzarbeit umstellen. Gehofft werden muss auf flexiblere Öffnungszeiten, um über die Runden zu kommen. Darüber hinaus hoffe man außerdem, „dass die Kurzarbeit-Förderungen nicht zu lange dauern“. Sollten die Maßnahmen noch Wochen dauern, dann werde einigen Betreibern die Luft ausgehen, befürchtet Pfleger von der steirischen Wirtschaftskammer.
Härtefallfonds als letzte Möglichkeit
Der Großteil der 136 Tankstellenbetreiber in Kärnten suchte schon um Geld aus dem Härtefallfonds an, auch um die vom Bund gestützte Kredite, berichtet Kraiger. Dieses Geld könne aber nicht von heute auf morgen fließen. Die Obfrau der Tankstellenbetreiber will sich nun für längere Zahlungsziele bei den Lieferanten einsetzen.
Herbert Rabl vom deutschen Tankstellen-Interessenverband schätzt, dass Tankstellenbesitzer aktuell nur zwei Drittel von dem einnehmen, was sie normalerweise verdienen würden. Der Verband rechnet vor: nur 20 Prozent nehmen Tankstellen mit den Kraftstoffen ein. Weitere 20 Prozent entfallen auf Dienstleistungen wie Waschanlagen und 60 Prozent entfallen auf Einkünfte aus dem Shop.
Auch wenn Verbände und Tankstellenbetreiber nun alles daransetzen, gut durch die Krise zu kommen, schätzen Experten, dass es zu einer Marktbereinigung kommen wird, bei der der ein oder andere wohl das Handtuch werfen dürfte. Wer helfen will, dem Tankstellensterben entgegenzuwirken, der könnte jetzt öfters im Shop an der Tanke ums Eck einkaufen.