Elektromobilität : Europa nicht größter E-Automarkt, aber mit größtem Wachstum
In Österreich scheinen sich vorrangig Unternehmen für E-Autos zu interessieren. Es gibt Förderungen vom Staat und zudem handelt es sich auch PR-technisch um eine durchaus wirksame Angelegenheit, das eigene Unternehmen in ein umweltbetontes Licht zu rücken. Blickt man jedoch auf die globalen Neuzulassungen von E-Fahrzeugen, ist im vierten Quartal des vergangene Jahres im Vergleich zu 2018 ein deutlicher Negativtrend zu erkennen. Nimmt der Hype rund ums E-Auto vielleicht schon wieder ab, während die Konzerne bei diesem Thema erst so richtig in Fahrt kommen? In Europa jedenfalls nicht, wie eine Erhebung der Unternehmensberatung PwC ans Licht bringt. Man darf sich nicht täuschen lassen.
Größter Automarkt mit stärkstem Rückgang
Im Gesamtjahr 2019 hingegen stieg die Zahl neuzugelassener reiner "Stromer" um 13,8 Prozent (knapp 1,4 Millionen Fahrzeuge auf allen analysierten Märkten), während die Plug-In-Hybride um fast ebenso viel zurückgingen (13,2 Prozent, 449.660 Neuzulassungen). Bei den Hybriden stand am Ende ein Wachstum von 23,2 Prozent (gut 1,4 Millionen Neuzulassungen). Durch den Anreizmechanismus des Flottenverbrauchziels auf den europäischen Märkten (der Zielwert für 2021 liegt bei 95 Gramm) erwarten die Experten von PwC für 2020 insgesamt eine Erholung des globalen E-Automobilmarktes.
Bei einer detaillierten Betrachtung der einzelnen Regionen weltweit, fällt im vierten Quartal 2019 bei China, dem weltweit stärksten Markt für E-Mobilität, ein Rückgang der batterieelektrischen Fahrzeuge um fast ein Drittel (32,6 Prozent) auf. Bei den Plug-In-Hybriden waren es sogar -49,4 Prozent. Dennoch kam China im Gesamtjahr auf ein Wachstum von immer noch 4,2 Prozent - mit insgesamt mehr als 825.000 verkauften Einheiten weiterhin der weltweit größte Markt für Elektrofahrzeuge.
Anhaltendes Wachstum in Europa feststellbar
In den USA war das vierte Quartal 2019 bei den "Stromern" gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit -27,3 Prozent sehr schwach, die Plug-In-Hybride gingen um 36,1 Prozent zurück. Insgesamt beendeten die USA das Jahr mit einem minimalen Wachstum von 1,3 Prozent. Die Entwicklung zeigt, dass sich die Elektromobilität in den USA auf dem Weg in eine definierte Nische befindet - dort könnten einzelne Hersteller aber durchaus erfolgreich agieren.
Grundsätzlich gibt es in Europa große Unterschiede von Land zu Land, doch ein anhaltender Wachstumstrend ist erkennbar. Für die Top-5-Länder auf dem europäischen Markt - Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien - zeigt der langfristige Trend bei den neuzugelassenen E-Fahrzeugen weiterhin annähernd eine jährliche Verdopplung. Das gilt im Wesentlichen auch für 2019. So legten die batterieelektrischen Autos etwa um 78 Prozent zu. In Deutschland, dem weltweit drittgrößten Markt für E-Fahrzeuge, legten die batterieelektrischen Fahrzeuge im Gesamtjahr um 76 Prozent zu, in Frankreich um 37,7 Prozent. In Großbritannien legten die "Stromer" im vierten Quartal 2019 mit 203,4 Prozent um über das Doppelte zu (Gesamtjahr: 144,4 Prozent).
„Das Umschwenken vom Diesel auf Elektroautos ist in Großbritannien in vollem Gange", weiß Michael Sponring, Leiter des Bereichs Energy, Utility und Resources bei PwC Österreich, und erläutert: "Interessant ist vor allem, dass man dort die E-Autos inzwischen als fahrenden Stromspeicher, also als Teil einer Gesamtstrategie betrachtet, von der Windkraftanlage bis zum Privathaushalt." Eine solche durchgehende Strategie fehle den meisten anderen Ländern noch, darunter Italien und Spanien", so Sponring. "Die steile Zunahme der batterieelektrischen Fahrzeuge von 113,1 Prozent in Italien beziehungsweise 95 Prozent in Spanien zeigt deren spätes Aufwachen in puncto Elektromobilität."
Gesetzliche Verbrauchsziele beeinflussen EU-Automarkt
Wie gut verkaufen sich 2020 verbrauchsarme Fahrzeuge wie der Volkswagen "ID3" oder der Smart "EQ" und wie groß ist die Auswahl an Elektrofahrzeugen heute bereits? Diese Fragen sind für die Gesamtentwicklung des europäischen Automobilmarkts 2020 entscheidend. „Die verschärften Flottenverbrauchsziele der Europäischen Union stellen Hersteller vor die Herausforderung, entscheidend mehr Elektroautos zu verkaufen", betont Günther Reiter, Automotive Leader bei PwC Österreich. "Nur mit einem Produktportfolio, in dem verbrauchsarme Fahrzeuge einen erheblichen Anteil haben, lässt sich das ambitionierte 95-Gramm-Ziel erreichen. Damit werden die massiven Investitionen der letzten Jahre jetzt einer ersten Bewährungsprobe unterzogen."
Eine Herausforderung ist, dass die Elektromobilität und Kundenvorlieben in den einzelnen europäischen Ländern sehr unterschiedlich ausgeprägt sind. Während in Norwegen der Anteil der rein batterieelektrisch angetriebenen Fahrzeuge am Gesamtmarkt bereits bei über 40 Prozent liegt, beträgt er in Italien nur 0,6 Prozent“, weiß Günther Reiter. Automobilhersteller bräuchten daher eine eigene Portfolio-Strategie für jedes einzelne europäische Land. Auch die Unterschiede zwischen einzelnen Regionen, etwa urbanen Ballungszentren und ländlichen Gebieten, sind sehr groß.