E-Mobilität : Ist das die Zukunft des E-Autos-Ladens?

© Fotoatelier Robert Frankl

Es klingt komfortabel: Das E-Fahrzeug meldet den Ladebedarf und ein mobiler Roboter macht sich auf den Weg, das geparkte Auto ohne menschliches Zutun beziehungsweise völlig selbstständig mit Energie zu versorgen. Die Suche nach einer E-Tankstelle und die Sorge nach der verbliebenden Reichweite sind damit Geschichte. Ganz so weit ist der von TU Graz und den Firmen Alveri und Arti Robots entwickelte Prototyp eines solchen Laderoboters zwar noch nicht – aber die weltweit erste Demonstration kommt dieser Vision schon sehr nahe.

Im entwickelten E-Laderoboter verschmelzen zwei Komponenten zu einer Einheit: eine mobile Plattform, die sich autonom im Raum bewegen kann und ein automatisierter Roboterarm, der das Ladekabel am Auto ansteckt. Die Plattform orientiert sich selbstständig im Raum und bewegt sich mit bis zu 20 km/h auf das Fahrzeug zu. Der auf dem Torso montierte Roboterarm führt das Ladekabel zum „Tankdeckel“ und dockt dort an. Nach dem (Schnell-)Ladevorgang steckt sich der Roboter wieder ab und entfernt sich vom Fahrzeug.

„Der Tank- oder Ladevorgang eines Fahrzeugs ist für den Menschen keine große Herausforderung. Für ein automatisiertes System ist das hingegen eine sehr komplexe, millimetergenaue Angelegenheit“, sagt Bernhard Walzel vom Institut für Fahrzeugtechnik der TU Graz. Walzel und sein Institutskollege Helmut Brunner haben bereits 2018 mit einem stationären Laderoboter aufhorchen lassen. Nun haben die beiden Techniker mit den beiden Partnerfirmen Alveri und Arti Robots intensiv am Demonstrator einer autonomen, mobilen Version gearbeitet.

Dem Ladesäulen-Mangel entgegenwirken

Hinter den Bemühungen steckt die Motivation, der E-Mobilität zu mehr Fläche zu verhelfen: „Österreichweit gibt es derzeit rund 8.000 öffentlich verfügbare Ladestationen. Das ist ein echter Hemmschuh für die Verbreitung der E-Mobilität. Wer ständig überlegen muss, wie weit die nächste E-Tankstelle entfernt ist, fährt eher unentspannt. Wir müssen daher mit der Ladeinfrastruktur nachziehen. Ein mobiler Laderoboter – zum Beispiel in Parkhäusern, auf Park&Ride-Plätzen oder größeren Geschäftsparkflächen kann dazu einen entscheidenden Beitrag leisten und die empfundene Sorge um Reichweite und Lademöglichkeiten nehmen.“

Vor der Serienreife des Laderoboters stehen noch einige Optimierungen an. Derzeit hängt der Roboter noch am Stromkabel, die Integration einer Antriebsbatterie ist aus Gewichts- und Kostengründen, aber vor allem auch aus ökologischer Sichtweise nicht sinnvoll. Die Projektpartner tüfteln daher an einer Stromversorgung über Bodenkontakte. Auch die Software für die Steuerung des Roboters soll integriert werden.

Noch läuft sie auf einem separaten PC. Einsparungspotential gibt es zudem beim Roboterarm, weiß Helmut Brunner: „Es gibt derzeit am Markt keinen Roboterarm für speziell diese Anwendung. Wir haben daher einen herkömmlichen kollaborativen Industrieroboterarm verwendet, der Bewegungsmöglichkeiten in einem sehr großen Radius ermöglicht. Soviel Bewegungsfreiheit brauchen wir für den Ladevorgang aber gar nicht. Hier ist also noch Potential für weniger Gewicht und weniger Kosten. Der Einsatz eines solchen Systems rechnet sich vor allem dann, wenn ein einziger Roboter für mehrere Autos zuständig ist und zum Beispiel einen definierten Bereich in einer Parkgarage abdeckt.“

Laderoboter in Parkhäusern oder auf halböffentlichen Parkflächen

In Parkhäusern, auf halböffentlichen Parkflächen etwa an Universitäten oder auf Kundenparkplätzen könnte es künftig einen ausgewiesenen Parkbereich für E-Fahrzeuge geben, in dem Laderoboter manövrieren und die dort abgestellten Fahrzeuge versorgen. Adaptierungen in der Parkplatzarchitektur könnten dafür notwendig sein. Geklärt werden müssen auch rechtliche und sicherheitsrelevante Fragen. Denn so oder so: Der Roboter wird sich in einem Bereich bewegen, in dem Menschen unterwegs sind.

Das Vertrauen in die Systemsicherheit ist daher Grundvoraussetzung. Konstantin Mautner-Lassnig von Arti Robots dazu: „Im gesamten Laderoboter sind mehrere Sicherheitsmechanismen implementiert. Die mobile Plattform tastet mit Laserscannern permanent die Umgebung nach möglichen Hindernissen ab und erkennt, wenn ein Objekt zu nahe kommt. Dann bleibt die Plattform sofort stehen.“ Auch für den sehr hypothetischen Fall, dass jemand die Hand zwischen Ladestecker und Ladeöffnung hält, wurde mit einem Sicherheitsstopp vorgesorgt.

Kommunikationsfluss zwischen Auto und Ladeinfrastruktur

Ein offenes Thema der E-Mobilität insgesamt sind Schnittstellen, etwa zwischen autonomen Systemen, digitalen Technologien und innovativen Antriebskonzepten, wie Bernhard Walzel weiß: „Es hat sich in den vergangenen Jahren unglaublich viel bewegt in der Entwicklung von E-Fahrzeugen, der notwendigen Infrastruktur, Lademöglichkeiten und automatisierten Systemen. Wichtig wäre nun, dass die einzelnen Systeme auch miteinander kommunizieren. Momentan müssen wir dem Roboter noch durch den geöffneten „Tankdeckel“ signalisieren, welches Auto er laden soll. Das Ziel muss sein, dass das Fahrzeug seinen Ladebedarf eigenständig dem Roboter meldet. Oder dass die Fahrerin beziehungsweise der Fahrer per App einen Roboter aktiviert. Da wird sich in naher Zukunft noch viel bewegen“.

https://youtu.be/HHE3VbrNsYY