Automobilwirtschaft : Gewinne trotzen rückläufigem Pkw-Absatz
Die 16 größten Autokonzerne der Welt im ersten Quartal einen operativen Gewinn von insgesamt 34,1 Milliarden Euro eingefahren – 19 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum und der höchste je in einem ersten Quartal erwirtschaftete Gewinn.
Trotz eines kräftigen Absatzrückgangs um elf Prozent kletterte der Umsatz um sieben Prozent. Die stärksten Absatzeinbußen verzeichneten die Unternehmen in China, wo die Verkäufe um 17 Prozent einbrachen. In den USA ging es um 16 Prozent nach unten, in Westeuropa um zwölf Prozent. Spitzenreiter beim Umsatz war Volkswagen mit einem Umsatz von 62,7 Milliarden Euro, dicht gefolgt von Toyota mit 62,2 Milliarden Euro.
Die höchsten Gewinne verzeichneten Volkswagen (8,3 Milliarden Euro), Mercedes-Benz (5,2 Milliarden Euro) und Toyota (3,6 Milliarden Euro). Bei den Gewinnmargen hatte hingegen erneut Tesla die Nase vorn: Der kalifornische Elektroautobauer erzielte eine Marge von 19,2 Prozent und lag damit vor Mercedes-Benz (15,0 %), Volkswagen (13,3 %) und BMW (10,9 %). Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Autokonzerne der Welt, die die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY quartalsweise erstellt.
Weiterhin angespannte Lage
"Die hervorragenden Zahlen im ersten Quartal sollten nicht von der extrem angespannten Lage in der Autoindustrie ablenken", erklärt Axel Preiss, Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY. "Tatsächlich sind die Lieferketten zurzeit eine große Bedrohung für die Branche. Die gute Umsatz- und Gewinnentwicklung ist vor allem auf die hohe Nachfrage zurückzuführen, wegen der die Hersteller zurzeit kaum noch Preisnachlässe gewähren müssen." Von dieser Ausnahmesituation profitieren vor allem Anbieter im Premiumsegment, so Preiss: "Hochpreisige Neuwagen verkaufen sich bestens, Premium-Anbieter fahren derzeit Traummargen ein.
"Nicht alle Hersteller verzeichnen allerdings eine gestiegene Profitabilität: So schrumpfte die Marge von Toyota im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 9,0 auf 5,7 Prozent, Ford verzeichnete einen Rückgang von 8,5 auf 5,2 Prozent. Etliche Konzerne kämpfen nach wie vor mit einer niedrigen Marge: Die Hälfte der untersuchten Unternehmen meldet für das erste Quartal eine Marge von unter sechs Prozent. Preiss dazu: "Insgesamt haben die Autokonzerne im ersten Quartal mehr Gewinn gemacht als je zuvor. Die Hälfte des Gesamtgewinns geht aber auf die Top-3-Verdiener zurück – es gibt einige Hersteller, an denen der Gewinn-Boom vollständig vorbei ging."
China bereitet zunehmend Sorgen
Die große Unbekannte ist derzeit die weitere Entwicklung auf dem wichtigen chinesischen Markt, der im ersten Quartal immerhin für 39 Prozent des Absatzes der deutschen Autokonzerne stand. Preiss betrachtet die Entwicklung dort mit Sorge: „Die strengen Lockdown-Maßnahmen in China setzen den Neuwagenabsatz massiv unter Druck. Zurzeit sind auch keine Lockerungen in Sicht, deswegen drohen am chinesischen Markt auch in den kommenden Monaten weitere Absatzrückgänge. Problematisch auch für europäische Betriebe ist die eingeschränkte Produktion vor Ort – die hat nämlich auch Folgen.“ Die Einschränkungen in China dürften daher weltweit zu spüren sein, schätzt Preiss die Situation ein.
Ausblick: Hoffen auf mehr Halbleiter
Die Hoffnungen der Hersteller ruhen derzeit vor allem auf einer besseren Versorgung mit Halbleitern. "Sobald sich die Situation bei den Chips verbessert, werden auch die Pkw-Absätze wieder steigen. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt“, sagt Preiss. Allerdings werden sich laut Ansicht von Preiss auch die massiv gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten auf die Bilanzen der Konzerne auswirken. Ein weiteres Gewinnwachstum sei daher unwahrscheinlich – auch angesichts der schwierigen Lage in China.
Am Fokus auf Premiumfahrzeuge dürfte sich vorerst wenig ändern, erwartet Preiss, wobei sich die Ressourcenallokation weiter von Verbrennern auf elektrifizierte Fahrzeuge verlagert: "Elektroautos werden zunehmend profitabel und gerade in gehobenen Preisklassen kommen viele neue, attraktive Elektroautos auf den Markt. Die Nachfrage und Preisbereitschaft sind hoch.“ Das Premiumsegment dürfte zudem am wenigsten unter der erwarteten weiteren Konjunkturabschwächung leiden, erwartet Preiss: „Die Konjunkturprognosen sind derzeit alles andere als rosig. Steigt die Inflation, sinkt die Kaufkraft. Auch die Unsicherheit über die weitere Entwicklung etwa bei der Energieversorgung ist groß. Die Autohersteller sollten sich daher auf stürmische Zeiten vorbereiten."