Interview : Ford-Generaldirektor Oberascher: „Wir sind absolut zukunftsfit“
Aktive Mitgliedschaft erforderlich
Das WEKA PRIME Digital-Jahresabo gewährt Ihnen exklusive Vorteile. Jetzt WEKA PRIME Mitglied werden!
Sie haben bereits eine PRIME Mitgliedschaft?
Bitte melden Sie sich hier an.
2023 war mit Sicherheit ein sehr herausforderndes Jahr für Ford. Wie hat es sich rückblickend entwickelt und wie positiv blicken Sie in die Zukunft?
Die letzten beiden Jahre waren für uns sehr herausfordernd und von Umstrukturierungen geprägt. Bedingt durch den massiven Modellwechsel sind die Absatzzahlen im vergangenen Jahr gesunken. Als Marke haben wir es dennoch geschafft, bestmöglich durchzukommen. Es hat uns gezeigt, dass wir absolut zukunftsfit sind – sowohl im Nutzfahrzeug- als auch im PKW-Bereich. Hier erwarten wir uns von den neuen Modellen gute Erfolgszahlen.
Im letzten Jahr fand ein Umbruch statt, die gesamte Palette wurde erneuert.Mag. Andreas Oberascher, Generaldirektor Ford Motor Company
Bei den Nutzfahrzeugen hat Ford klar die Nase vorne, der Erfolg mit den beiden Titeln „International Van of the Year“ und „International Pick-Up Award 2024“ spricht eine deutliche Sprache. Wie geht es hier weiter?
Auch hier fand im vergangenen Jahr ein Umbruch statt, die gesamte Palette wurde erneuert. Seit Ende 2023 kommen die neuen Modelle sukzessive auf den Markt und wir gehen voller Tatendrang in die Zukunft und wollen natürlich wieder das Vertrauen unserer Kunden gewinnen. In Europa sind wir seit neun Jahren die Nummer Eins im Nutzfahrzeugsektor, das möchten wir weiter ausbauen. Nicht nur mit den Produkten, sondern mit dem gesamten Ökosystem Ford Pro inklusive Services und Dienstleistungen.
Der Kunde soll in seiner Effizienz und Produktivität maximal unterstützt werden. Funktionieren kann das ausschließlich mit einem starken Händlernetz, wie wir es haben. Selbstverständlich sind wir auch sehr stolz auf die beiden Auszeichnungen, das zeugt von der Qualität unserer Fahrzeuge. Der Handel kann damit optimal auf die Anforderungen der Kunden reagieren. Unsere Zukunft basiert also wesentlich auf den Nutzfahrzeugen, wobei selbstverständlich ebenso die neuen PKW-Modelle eine wichtige Rolle spielen werden.
Entdecken Sie jetzt
- Lesen
- Videos
Was die Kooperation mit VW betrifft – welche Produkte können wir hier erwarten, wie sieht die Aufgabenverteilung aus?
Seit 2020 besteht hier eine sehr starke Partnerschaft, wir versuchen unsere Nutzfahrzeugkompetenz einzubringen wie beim Custom und dem Ranger. Von VW Seite wiederum kommen die Modelle im Bereich Connect und Caddy und auch die ersten vollelektrischen Fahrzeugen, die in Köln vom Band laufen. Der Explorer wurde bereits angekündigt, jetzt im Juli folgt ein zweites Modell. Das heißt, die Partnerschaft baut auf den beiden Säulen leichte Nutzfahrzeuge und Elektrifizierung auf. Natürlich geht es auch um Kosteneffizienz, um langfristig erfolgreich und profitabel sein zu können.
Unsere Strategie ist langfristig elektrisch.Mag. Andreas Oberascher, Generaldirektor Ford Motor Company
Stichwort Elektromobilität, die bei Ford auch eine wesentliche Rolle spielt/spielen wird. Hier war das Ziel, bis 2035 die gesamte Palette in Europa rein elektrisch anzubieten. Hält dieser Plan bzw. wird über andere alternative Antriebe nachgedacht?
Gerade im Nutzfahrzeugbereich wollen wir die gesamte Antriebspalette weiterhin anbieten. Denn gerade hier haben die konventionellen Antriebe noch eine große Relevanz. Hier passt nicht jeder Kunde in das vollelektrische Schema hinein. Ursprünglich war bei den Nutzfahrzeugen ein Anteil der Elektrifizierung von rund 60 Prozent geplant. Allerdings hat man in den letzten beiden Jahren gesehen, wie schnell und volatil sich dieses Segment prinzipiell verhält. Die politischen Rahmenbedingungen ändern sich extrem schnell, Förderungen fallen von heute auf morgen weg, der Preisdruck spielt eine wesentliche Rolle. Dadurch kommt es im Bereich der Elektromobilität zu einer großen Unsicherheit. Deshalb evaluieren wir unsere Pläne halbjährlich, um rasch auf neue Anforderungen reagieren zu können.
Die Strategie ist es, sowohl Hybride als auch ein vollelektrisches Angebot zu haben, um uns auf die jeweilige wirtschaftliche Situation abstimmen zu können. Was natürlich für die Produktion und den Einkauf eine sehr große Herausforderung ist. Die generelle Strategie geht allerdings in Richtung reine Elektromobilität, speziell im PKW-Bereich ist der Plan 2035 voll aufrecht. Bei den Nutzfahrzeugen wiederum ist es am wichtigsten, maßgeschneiderte Angebote für unsere Kunden zu haben. Genau dort wollen wir mit Ford Pro hin.
Bleiben wir gleich bei Ford Pro: diese Einheit wurde unter anderem gegründet, um Flottenkunden zu unterstützen. Beispielsweise mit dem „Ford Mobiler Service“. Wie entwickelt sich dieser Bereich, was ist noch in Planung?
Hier befinden wir uns noch in der Pilotierungsphase. Bei Ford Pro geht es unter anderem auch um Software- und Servicelösungen. Speziell bei Letztgenannten wollen wir neue Wege gehen. Beispielsweise es Großflotten zu ermöglichen, die Fahrzeuge nicht zu lange aus dem Betrieb zu nehmen, sondern für gewisse Tätigkeiten mit einem mobilen Service vor Ort zu sein. Dafür haben wir bereits vor einem Jahr die ersten fünf Fahrzeuge umgerüstet, sieben weitere folgen. Alles natürlich in Zusammenarbeit mit dem Händlernetz. Die Entwicklung des komplexen Ford Pro Systems erfolgt schrittweise, demnächst kommen die Themen Charging und Finanzierung dazu. Prinzipiell soll der Kunde mobil sein, mit weniger Standzeiten. Darum geht es uns bei der Umsetzung.
Wir werden bei den Händlerverträgen einen Zwischenschritt einlegen.Mag. Andreas Oberascher, Generaldirektor Ford Motor Company
Apropos Händlernetz – die Ankündigung des Umstiegs auf das Agenturmodell hat für einige Aufruhr gesorgt. Wie sieht hier der aktuelle Stand aus, wann startet das Modell? Geplant war ja der 1. April 2025.
Mittlerweile haben wir Erfahrungswerte aufgrund eines Pilotprojektes in den Niederlanden, das vor einem Jahr mit dem Agentursystem gestartet ist und sehen, dass einige Herausforderungen zu bewältigen sind. Wir haben uns deshalb bereits vor geraumer Zeit dazu entschieden, einen Zwischenschritt einzulegen und dies klar an unsere Handelspartner kommuniziert. Die aktuellen Verträge laufen mit 1. April 2025 aus, und wir haben mit einem hohen Anteil unserer bestehenden Händler Absichtserklärungen für eine zukünftige Zusammenarbeit unterzeichnet und werden in Kürze die neuen Verträge präsentieren. Es handelt sich dabei um klassische Handels- und Serviceverträge, wo wir Teile eines Agentursystems erproben möchten. Dies wird einheitlich im gesamten D-A-CH Raum passieren.
Ford Europa hat nun auch für alle übrigen europäischen Märkte entschieden diesem Weg der D-A-CH Märkte zu folgen und wird nicht, wie ursprünglich geplant, direkt in ein Agentursystem wechseln. Der wesentliche Punkt ist: Wir haben seit vielen Jahrzehnten ein starkes Händlernetz, auf dem der Erfolg unserer Marke in Österreich fußt. Wir wollen mit allen Partnern, die den gemeinsamen Weg weiter gehen möchten und die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, zukunftsfit und gut gerüstet in die nächsten Jahre gehen, sei es hinsichtlich Digitalisierung, Elektrifizierung und verändertem Kundenverhalten.
Wie sieht prinzipiell die Verteilung Firmen- versus Privatkunden bei Ford aus? Welche Modelle spielen bei den Firmenkunden eine wichtige Rolle?
Der Explorer ist im Firmenkundenbereich ein essenzielles Produkt, er wird unser Flottenbestseller. Vor allem natürlich auch aus dem Grund, weil 80 Prozent der vollelektrischen Fahrzeuge von Firmenkunden gekauft werden. Er bietet eine tolle Reichweite und sehr kurze Ladezeiten. Eine weitere wichtige Säule sind die Nutzfahrzeuge. Wir wollen damit flächendeckend mindestens 50 Prozent unseres gesamten Verkaufsvolumens in Österreich abdecken. Prinzipiell bieten wir ein sehr umfangreiches Portfolio für gewerbliche Kunden. Gesamt gesehen liegt die Verteilung bei 50:50.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind sehr herausfordernd.Mag. Andreas Oberascher, Generaldirektor Ford Motor Company
Die aktuelle wirtschaftliche Lage betrifft uns alle. Wenn man sich nun die Autokäufe ansieht, kann man eine Veränderung des Kaufverhaltens der Menschen in den letzten Jahren erkennen? Die Preise der Neuwagen sind ja auch angestiegen.
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind sehr herausfordernd. Speziell auch im Nutzfahrzeugbereich mit der Einführung der NoVA im Jahr 2021. Wir sehen es vor allem daran, dass sich immer mehr alles in Richtung Finanzierungs- und Leasingvarianten verschiebt. Vor allem bei Klein- und Mittelbetrieben. Die Nachfrage ist auch lange noch nicht dort wie vor Corona. Das wird noch längere Zeit dauern.
Kommen wir zu den Auto-Abos oder Carsharing Modellen. Vor drei Jahren liefen hier bei Ford interne Pilotprojekte. Was hat sich seither getan?
Der Auto-Abo-Markt ist weiterhin interessant für Ford. Wir haben jedoch entschieden, uns in dem Segment breiter aufzustellen und statt einem eigenen Angebot, lieber mit den etablierten Partnern zusammen zu arbeiten. Wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenz: dem Bauen und Ausliefern von attraktiven Modellen.