Technologie : Gedruckte Radmuttern und ein Koffeinschub für Autos

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© Ford-Werke GmbH

Es gibt Orte in der Welt, wo man sein Fahrzeug besser nicht abstellen sollte. Sicher kann man jedoch nirgends wirklich sein, dass das eigene Fahrzeug nicht Opfer von unverfrorenen Langfingern wird - beziehungsweise bestimmte Teile davon. Besonders gerne werden zum Beispiel die Räder mit Leichtmetallfelgen entwendet. Ford will Dieben mithilfe der 3D-Drucktechnologie nun das Leben möglichst schwer machen. Dabei geht es um die Herstellung einer individuellen Sicherungsmutter.


Die Besonderheit daran: Eine einzigartige Formgebung erfolgt durch die "Stimme" des Fahrzeugbesitzers. Sie bestimmt sozusagen die Form der Schraubensicherung und des zugehörigen Adapters für den passenden Schraubenschlüssel. Die Stimme fungiert wie ein Iris-Scan oder ein Fingerabdruck und kann für die biometrische Identifikation eines Menschen verwendet werden.

Hierfür nehmen Ingenieure die Stimme des Fahrzeugbesitzers auf. Eingesprochen werden kurze Sätze: "Ich fahre einen Ford Mustang". Spezielle Software verwandelt das digitalisierte Sprachmuster im Anschluss in ein druckbares Motiv. Dieses individuelle Motiv dient als Designvorlage für die Herstellung von einzigartig geformten Radmuttern und dem dazugehörigen Schraubenschlüssel beziehungsweise den Adapter.

3D-Drucker fertigt individuelle Radmutter

Die Radmutter und der Schlüsselkopf werden als ein zusammenhängendes Teil mittels 3D-Druck aus säure- und korrosionsbeständigem Edelstahl gefertigt. Wenn sie fertig sind, werden Mutter und Schlüsselkopf getrennt. Das Design enthält zusätzliche Sicherheitsmerkmale, die verhindern, dass die Radmutter oder der Schraubenschlüssel geklont oder kopiert werden können. Der ungleichmäßige Verlauf der gesamten Form verhindert, dass ein Dieb einen Wachsabdruck macht, da das Wachs bricht, sobald es von der Mutter wieder abgezogen wird.

"Es ist ein echtes Ärgernis, wenn die Räder eines Autos gestohlen werden, zumal der Ersatz von Leichtmetallrädern auch mit erheblichen Kosten verbunden ist. Aber diese einzigartigen Felgenschlösser schrecken Diebe ab", sagt Raphael Koch, Research Engineer, Advanced Materials and Processes, Ford of Europe. "Produktpersonalisierung in Verbindung mit erhöhtem Schutz - das ist ein exzellentes Beispiel für die Möglichkeiten von 3D-Druck im Fahrzeugbau". Es müssen jedoch nicht zwangsläufig Stimmen für diese neue Art der Radsicherung verwendet werden.

Es lassen sich auch vorhandene Formen aufgreifen, die für ein Fahrzeug spezifisch sind, zum Beispiel das Mustang-Logo, wahlweise können auch die Initialen des Fahrers verwendet werden oder eigene Lieblingsmotive wie der Umriss einer berühmten Rennstrecke. Bei der Gestaltung der Felgenschlösser sind der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Technologie wurde von Ford zusammen mit EOS, einem führenden Anbieter von High-End-Lösungen in der additiven Fertigung entwickelt. So ausgeklügelt das Ganze auch klingen mag, einen hundertprozentigen Diebstahlschutz gibt es leider nicht.

Erweiterte Verwendung von 3D-Druck

Der Automobilhersteller baut bereits seit geraumer Zeit auf den 3D-Druck. So wurde die Technologie etwa genutzt, um Teile für den Ford GT, den Focus und den Mustang GT500 zu entwickeln. In Zukunft werden zunehmend mehr 3D-gedruckte Teile hergestellt. Speziell maßgeschneiderte Autoteile werden bereits heute unter Verwendung von 3D-Technologie gedruckt, darunter zum Beispiel der Ansaugkrümmer im Hoonitruck von Rennfahrer Ken Block oder die beiden Windschutzlamellen des Ford Fiesta World Rally Championship von M-Sport.

In der Produktionslinie von Ford werden mithilfe von 3D-Druck auch Werkzeuge für die Fertigungsstraße hergestellt, die bis zu 50 Prozent leichter sind, wodurch sich wiederholende Aufgaben den einzelnen Mitarbeiter physisch weniger belasten und die Fertigungsqualität verbessert wird.

Da viele dieser Werkzeuge aus Nylon bestehen, hat Ford ein Recycling-Programm eingeführt, mit dem alte 3D-Druckteile und Kunststoffe aus dem Fertigungsbereich zu Nylon umgewandelt und verwertet werden können. Ford stellt auch 3D-gedruckte Sicherheitsausrüstung her, wie beispielsweise Schutzhüllen für rotierende Werkzeuge, die in der Produktionslinie verhindern, dass Bediener sich an Händen oder Armen verletzen.

"Mit unserem eigenen Plug-and-Play-Drucker können wir Werkzeuge und Teile genau dann herstellen, wenn wir sie benötigen, und sie schneller als je zuvor austauschen. Bei einigen Werkzeugen betrug die Lieferzeit früher bis zu acht Wochen, beim 3D-Druck konnte die Bearbeitungszeit auf nur fünf Tage reduziert werden. Idealerweise können benötigte Teile zeitnah aus recyceltem Kunststoff mittels 3D-Druck hergestellt werden", sagt Lars Bognar, Research Engineer, Advanced Materials and Processes, Ford of Europe.

Scheinwerfergehäuse bekommen Kaffeeschub

Doch es wird nicht nur auf Fahrzeugteile aus dem 3D-Drucker zurückgegriffen. Ende letzten Jahres gab Ford bekannt mit der Fastfood-Kette McDonald's zusammenzuarbeiten. In den USA will der Autohersteller einigen Modellen bald einen Koffeinschub verleihen. Bestandteile von Kaffeebohnen sollen in Bauteilen wie etwa Scheinwerfergehäusen verwendet werden. Jedes Jahr fallen beim Rösten von Kaffee große Schalenmengen an, dabei handelt es sich um die getrocknete Haut der Bohnen.

Durch starke Erwärmung bei niedrigem Sauerstoffgehalt lässt sich das langlebige Restmaterial mit anderen Additiven vermischen und in Pellets umwandeln, die ihrerseits in verschiedene Formen gebracht werden können. Das Verbundmaterial erfüllt die Qualitätsanforderungen für Teile wie Scheinwerfergehäuse und zahlreiche weitere Komponenten.

Die Fahrzeugteile ermöglichen eine Gewichtseinsparung von bis zu 20 Prozent und benötigen rund 25 Prozent weniger Energie während des Formprozesses. Auch die Wärmeeigenschaften des neuen Werkstoffs sind laut Ford deutlich besser als bei einigen derzeit verwendeten Materialien. Dies ist das erste Mal, dass Ford die Schalen von Kaffeebohnen verwendet, um sie in geeignete Fahrzeugteile umzuwandeln.

"Das Engagement von McDonald's für Innovationen hat uns beeindruckt und entsprach unseren eigenen Vorstellungen von nachhaltigem Handeln", sagt Debbie Mielewski, Ford Senior Technical Leader, Sustainability and Emerging Materials Research Team.

Mehr recycelte Fahrzeugteile

Es wird erwartet, dass McDonald's einen erheblichen Teil der anfallenden Kaffee-Reststoffe in Nordamerika an Ford weiterleiten wird, damit daraus Fahrzeugteile entstehen können. "Wie McDonald's ist auch Ford bestrebt, die Verschwendung zu minimieren, und wir sind immer auf der Suche nach innovativen Wegen, um dieses Ziel zu erreichen", sagt Ian Olson, Senior Director, Global Sustainability, McDonald's.


"Die Nutzung von Kaffee-Reststoffen als Ressource zeigt, wie Unternehmen gemeinsam innovatives Recycling betreiben können", so Olson. Das Projekt umfasst auch zwei weitere Unternehmen in den USA: Varroc Lighting Systems, das die Scheinwerfer liefert, und Competitive Green Technologies, den Verarbeiter der Kaffee-Reststoffe. Ford hat sich zum Ziel gesetzt, recycelte und erneuerbare Kunststoffe zunehmend in Fahrzeugen zu verwenden.

McDonald's will Restaurant-Verpackungen bis 2025 vollständig aus erneuerbaren, recycelten und zertifizierten Quellen beziehen. Außerdem entwickelt McDonald's einen recycelbaren beziehungsweise kompostierbaren Trinkbecher. McDonald's und Ford planen, auch weitere Möglichkeiten zur gemeinsamen Nutzung von Reststoffen als Ressource zu erkunden.