Batterie-Prüflabor : Battery Safety Center in Graz eröffnet
Das erklärte Ziel des Battery Safety Center Graz ist es, Batterien für E-Fahrzeuge gezielt an ihre Belastungsgrenzen zu führen und dabei wertvolle Daten zur Sicherheit von zukünftigen elektrischen Energiespeichersystemen zu generieren. Im Fokus der neuen Forschungseinrichtung an der TU Graz stehen zwei Themenbereiche: das definierte Altern von Batterien zur Analyse des Langzeitverhaltens und das Verhalten von geladenen Batterien unter mechanischer Belastung allgemein und bei Unfällen im Speziellen.
Die innovativen Versuchsmöglichkeiten unter Laborbedingungen machen das Zentrum zur europaweit einmaligen Forschungseinrichtung dieser Art. Offiziell eröffnet wird das Forschungszentrum am Campus Inffeldgasse im kommenden Jahr, wenn alle Prüfstände finalisiert und einsatzbereit sind – erste Einblicke in die neue Forschungsinfrastruktur wurden heute, am 16. Oktober 2020, einem TU Graz- und AVL-internen Personenkreis sowie Medienvertreterinnen und -vertretern gewährt.
Für anspruchsvolle Forschung und zukunftsgerichtete Lehre
Der TU Graz steht mit dem Battery Safety Center Graz ab sofort eine hochmoderne Prüfstandstechnik für anspruchsvolle Forschungsprojekte und zukunftsgerichtete Lehre im Bereich Batteriensicherheit zur Verfügung. Der wesentliche Teil der Testinfrastruktur sowie die Gebäudeinfrastruktur selbst kommen von der TU Graz, AVL bringt sich mit drei Klimakammern für elektro-thermische Tests in die Kooperation ein. Insgesamt haben beide Kooperationspartner knapp neun Millionen Euro investiert, davon alleine fünf Millionen Euro für den Bau und die Grundinfrastruktur.
Temperaturschock für Traktionbatterien
Auf insgesamt 550 Quadratmetern Laborfläche mit Technikumfeld finden am Battery Safety Center Graz eine elektro-thermische sowie eine mechanische Testumgebung Platz. AVL steuert zur elektro-thermischen Testumgebung drei idente Klimazellen mit je knapp 17 Kubikmeter für elektrische Batterietests bei. Jörg Moser vom Institut für Fahrzeugsicherheit und Leiter des neuen Forschungszentrums führt aus: „In den Klimakammern können wir Batteriesysteme während des Lade- und Entladevorgangs auf Herz und Nieren prüfen.
Bei minus 40 bis plus 90 Grad Celsius. Dabei können wir die Batterien durch individuell programmierbare Zyklen gezielt altern und bekommen detaillierte Informationen zur Analyse der Batterieperformance. Das wäre unter normalen Bedingungen bei Testfahrten nur sehr schwer bis gar nicht zu bewerkstelligen.“ Ein hervorstechender Punkt dabei ist der Parallelbetrieb der drei Klimakammern.
Damit kann die Energie des Entladevorgangs in einer Kammer gleichzeitig zum Laden einer Batterie in einer anderen Kammer verwendet werden – ein wesentlicher Beitrag für eine nachhaltigere und ressourcenschonendere Batterieforschung. Rund die Hälfte der Kapazitäten der Klimakammern ist für gemeinsame Projekte von TU Graz und AVL vorgesehen. Die andere Hälfte steht der TU Graz für Eigenforschungszwecke, Lehre und Forschungsprojekte mit anderen Kooperationspartnern zur Verfügung.
Crash-Anlage für Batterietests
Zusätzlich zu den Klimakammern sind im Battery Safety Center Graz völlig neue mechanische Testmöglichkeiten gegeben, darunter eine eigens am Institut entwickelte hoch dynamische Crash-Anlage für geladene Batterien. Auf einer Länge von knapp 20 Metern können – mit einer Maximalgeschwindigkeit von mehr als Tempo 100 – zwei Versuchsvarianten gefahren werden: erstens mit einer auf dem Prüfschlitten montierten Batterie, die extrem beschleunigt und abgebremst wird, und damit Kräften bis zum Dreihundertfachen des Batteriegewichts ausgesetzt ist. Und zweitens mit einer am Crashblock befestigten Batterie, die von einem am Prüfschlitten montierten Impaktor (das ist eine feste geometrische Form wie ein Zylinder oder eine Kugel) gezielt getroffen wird.
Auch die Sicherheitseinrichtung des gesamten Crashbereiches wurde am Institut selbst entwickelt. Sie besteht aus einem 150 Tonnen schweren und vom Gebäude entkoppelten Crashblock mit integriertem Ventilationssystem. Spezielle Sensoren erfassen sämtliche relevante Daten über den Zustand der Batterie während einer Versuchsdauer, die teilweise nur wenige Millisekunden ist. Mehrere Highspeed-Kameras sowie eine eigens konzipierte Lichttechnik liefern hochaufgelöstes Bild- und Videomaterial zur detaillierten Analyse des Batteriesystems während des Versuchs.
Für weitere mechanische Belastungstests steht im Battery Safety Center Graz ein hydraulischer Prüfstand namens „Presto 420“ für quasistatische, also extrem langsame und Versuchsgeschwindigkeiten zur Verfügung, wiederum selbst konzipiert am Institut für Fahrzeugsicherheit der TU Graz. Die Forschenden interessiert hierbei vor allem das teilweise sehr unterschiedliche Verhalten von Batterien aufgrund der Belastungsgeschwindigkeit. Geladene und ungeladene Batteriemodule, Batteriezellen und Zell-Stapel können mit einer maximalen Druckkraft von 420 Kilo-Newton (das entspricht der Gewichtskraft von circa 42 Tonnen) belastet werden.