Internationales Motorensymposium Wien : Batteriezellen im Fokus des Internationalen Motorensymposiums

Michael Steiner, Forschungsvorstand des Volkswagen Konzerns, sagte beim diesjährigen Internationalen Motorensymposium in Wien: „Die Batteriezelle ist das Herz der Elektromobilität.“

Michael Steiner, Forschungsvorstand des Volkswagen Konzerns, sagte beim diesjährigen Internationalen Motorensymposium in Wien: „Die Batteriezelle ist das Herz der Elektromobilität.“

- © ÖVK/Klaus Ranger

„Die Batteriezelle ist das Herz der Elektromobilität“, sagte Michael Steiner, Forschungsvorstand des Volkswagen Konzerns, beim diesjährigen Internationalen Motorensymposium in Wien. Sie soll deutlich, nämlich um bis zu 40 Prozent billiger werden bis 2035. Gleichzeitig erwarten Kunden und Kundinnen Verbesserungen bei Schnellladen, Dauerhaltbarkeit, Reichweite, Recycling, Nachhaltigkeit und Sicherheit.

Einen Lösungsansatz sieht der VW-Konzern in der Standardisierung. „Die Batteriesysteme machen rund 40 Prozent der Fahrzeugkosten aus. Deshalb ist es ein zentraler Punkt, alle Inhalte eines Batteriesystems zu standardisieren, um damit auch die Komplexität zu reduzieren und die Kosten in Griff zu bekommen“, ergänzte der VW-Batterieexperte Marcel Hollweg.

Die VW-Standardisierungsstrategie reicht vom Design über die Produktion bis zum Recycling der Batteriekomponenten. „Rund 80 Prozent des Volumens des VW-Konzerns werden wir mit der standardisierten Einheitszelle künftig ausrollen“, führte Entwicklungsleiter Arno Perner auf dem internationalen Symposium aus. Alle sind prismatisch, für 400 oder 800 Volt ausgelegt.

Bis 2030: 50 Prozent der Batterien selbst erzeugen

Flexibel bleibt VW bei der Zellchemie. Der Bogen spannt sich von günstigen Natrium-Ionen-Zellen über die LFP-Zellen mit bis zu 450 Wattstunden pro Liter und NMC-Zellen bis 700 Wh/l bis zu leistungsstarken Feststoffzellen mit bis zu 1000 Wattstunden pro Liter. Bis 2030 will VW rund 50 Prozent (rund 200 Gigawattstunden) dieser Einheitszellen selbst erzeugen. Derzeit kommen laut VW weltweit 95 Prozent aller Batteriezellen aus Asien.

800 Kilometer Reichweite sollen möglich sein

Beim Hoffnungsträger Feststoffzelle wird der flüssige Elektrolyt durch halbfeste (gelartige) oder feste Elektrolyte ersetzt. Sie erlauben höhere Energiedichten (mehr als 400 Wattstunden pro Kilogramm) als aktuelle Lithium-Batterien, gleichzeitig höhere Sicherheit (weniger Brandgefahr) und schnelleres Laden. 800 Kilometer Reichweite sollen damit künftig möglich sein.

Vorreiter
in der Entwicklung sind laut Fabian Duffner, Batterieexperte von Porsche Consulting, Japan, Südkorea, China und die USA. Die Industrialisierung dieser Technologie ist jedoch mit zahlreichen technischen und finanziellen Hürden verbunden. Ein weiterer Nachteil: „Eine Feststoffbatterie braucht pro Kilowattstunde deutlich mehr Lithium als eine konventionelle Lithium-Ionen-Batterie“, sagte Duffner. Sie ist daher viel abhängiger vom Lithium-Preis, der in den vergangenen Jahren zwischen 8.000 und 70.000 Euro pro Tonne schwankte.

Natrium-Ionen-Zellen "werden sich ausweiten"

Dennoch sah Duffner das Marktpotenzial für die Feststoffbatterie bis 2035 bei rund 60 Prozent eines geschätzten Batteriebedarfs von 7,7 Terrawattstunden. Daneben werden weiter konventionelle Lithium-Batterien bestehen. Im kostensensiblen Massensegment sind sowohl für LKW wie PKW Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien weit verbreitet.

Sie bieten mit 400 Wattstunden pro Liter, hoher Lebensdauer, niedrigen Kosten, aber relativ bescheidener Reichweite einen guten Kompromiss, zeigte Geon Seog Son, Batteriematerialexperte von Umicore in Korea, in seinem Vortrag. Die noch günstigeren, aber auch sichereren Natrium-Ionen-Zellen gibt es laut Son dagegen erst „in einem ganz kleinen Segment in China. Sie werden sich aber ausweiten.“

Umicore: Anbieter von Kathoden- und Anodenmaterialien

Der belgische Konzern Umicore ist nicht nur für VW ein wichtiger Partner auf dem Weg zu besseren Batteriezellen. Er ist weltweit einer der führenden Anbieter von Kathoden- und Anodenmaterialien. Allein „die Kathode macht in etwa 50 Prozent der Kosten aus“, sagte Son. Zudem ist sie für rund 60 Prozent des CO2-Fußabdruckes einer Batterie verantwortlich.

Neue Materialien sollen beides, Kosten und CO2-Ausstoß, senken und die Recyclingfähigkeit von Batteriezellen verbessern. Außerdem kann ein teilweiser Ersatz von Graphit durch Silizium bei den Anoden die aktuell hohe Lieferabhängigkeit von China mindern. Bei der Kathode dagegen arbeitet Umicore unter anderem am Ersatz von Kobalt durch das billigere Mangan.

Umgang mit Wärmeenergie in der Batterie

Eine besondere Bedeutung kommt dem Thermomanagement zu, wenn es um sicheres Schnellladen und Lebensdauer von Batterien geht. Beim Schnellladen können etwa laut Shell bis zu 20 Kilowatt an Wärmeenergie in der Batterie entstehen. Beim Umgang mit dieser Wärmeenergie nützt Shell seine lange Erfahrung mit Kühlflüssigkeiten für Trafos oder große Rechenzentren.

Laut Volker Null zeigten Tests mit Shells immersivem Thermalmanagement deutliche Vorteile betreffend Brandgefahr und Alterungsschäden durch Schnellladen. Der Start erfolgte in der Luxusklasse, etwa im Mercedes-AMG GT 63 S E oder im McLaren Speedtail Hybrid. Aber auch im Massensegment lassen sich durch eine verbesserte Flüssigkeitskühlung wie etwa durch flexible Kühlführungen (Flex Cooler) große Kundenvorteile bei Reichweite, Schnellladefähigkeit und Lebensdauer der Batterien erreichen, wie Stefan Gaigg, Geschäftsführer von Miba Battery Systems in Oberösterreich, zeigte.

Recycling für kleineren CO2-Fußabdruck

Die Gesamtumweltbilanz dagegen hängt stark von der Recyclingquote der Batteriematerialien ab. Derzeit kann der CO2-Fußabdruck von batterieelektrischen Fahrzeugen in der Produktion zwei- bis dreimal höher sein als bei jenen mit Verbrennungsmotor, zeigte André Ferrarese, Leiter für Forschung und Entwicklung beim brasilianischen Fahrzeugzulieferkonzern Tupy. Für einen Batteriesatz sind etwa 26.000 Liter Wasser nötig und müssen bis zu 225 Tonnen Erdmasse bewegt werden.

Tupy hat gemeinsam mit der Universität Sao Paolo ein hydrometallurgisches Recyclingverfahren entwickelt, das Rückgewinnungsraten von mehr als 95 Prozent, auch bei Lithium, erlaubt. Die Reinheit der Materialien beträgt mehr als 90 Prozent. Diese recycelten Materialien vermindern den CO2-Fußabdruck von Batterien um bis zu 70 Prozent – deutlich mehr als bisherige pyrometallurgische Verfahren.

Lithium-Luft-Batterien lassen noch auf sich warten

Je höher die Recyclingquote, desto geringer ist auch die Abhängigkeit von China bei den Rohstoffen und die Angst vor Preissprüngen wie in der Vergangenheit. Ein stabiler Lithium-Preis und eine erfolgreiche Industrialisierung sind laut Fabian Duffner von Porsche Consulting die wichtigsten Faktoren für wettbewerbsfähige Feststoffbatterien. Die großen Hoffnungsträger, die Lithium-Luft-Batterien, werden jedoch noch länger auf sich warten lassen. Sie sollen an die Energiedichte von aktuellen Kraftstoffen für Verbrennungsmotoren herankommen. Davon sind aktuelle Batterien weit entfernt.