Autoshow : Dicke Luft bei der Frankfurter-Automesse IAA

Wenn verschiedene Interessen aufeinanderprallen, ist es bekanntlich alles andere als einfach, diese unter einen Hut zu kriegen. Die 68. Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt am Main ist ein gutes Beispiel dafür. Hier prallen die Interessen der Automobilhersteller auf jene der Zulieferer, genauso wie die der SUV-Liebhaber auf jene der Stromer-Fans. Doch in diesem Jahr versetzen auch verschiedene Organisationen und Umweltverbände die Veranstalter der Messe mit ihren Interessen in Alarmbereitschaft. So musste der Verband der Automobilindustrie (VDA) bereits im Vorfeld mit Demonstrationen rechnen: Die Automobilindustrie würde einfach nicht genügend für das Klima tun, lautet der kapitale Vorwurf.

Ein offener Dialog wird seitens des VDA zwar angeboten, in Realität aber vergebens gesucht, denn zu groß sind die Gräben zwischen den Klimaschützern und der Automobilindustrie. So erteilte Bosch-Chef Volkmar Denner am Dienstag auf der IAA Klimaschützern eine klare Absage, indem er sich gegen die Forderungen nach einer Verkehrswende mit einem sofortigen Aus für Verbrennungsmotoren stellte. "Was ökologisch richtig ist, darf wirtschaftlich und sozial nicht falsch sein", entgegnete Denner. Ein deutliches Zeichen setzen aber auch die Autohersteller selbst: So setzt die Leitmesse heuer ihren ungewollten Schrumpfkurs fort. Dieser sorgt dafür, dass die freien Ausstellungsflächen, wie bereits auf dem Genfer Autosalon zu Anfang des Jahres, mit exklusiven Tunern und Oldtimern gefüllt werden müssen. Zusätzlich stellen viele verbliebene Hersteller - darunter BMW oder Opel - auf weniger Fläche und oder mit weniger Budget als bisher aus.

Der IAA aus freien Stücken abgesagt haben Marken wie Fiat Chrysler, Peugeot, Citroën, Nissan, Tesla, Toyota und Volvo. Gerade Mazda scheint die Idee mehr zu gefallen, neue Fahrzeuge mit einem flexiblen „Pop-up-Stand“ an „lebendigen Orten mit hoher Kundenfrequenz“ zu präsentieren, statt umkreist in einer Halle mit zahlreichen Konkurrenten und fixen Terminvorgaben. Hat dieses Konzept vielleicht mehr Potenzial? Doch nicht nur unser Weltklima steht unter gehörigem Druck, sondern auch die Autoindustrie, die gegen den ungünstigen Markttrend möglichst viele Autos verkaufen müsste, um sich aus den roten Zahlen zu retten. Ironischerweise würden mehr verkaufte Fahrzeuge auch mehr Emissionen bedeuten. Genau das wollen aber die Klimaschützer verhindern - demonstrativ im Rahmen der IAA.

Die angespannte Lage auf dem Automobilmarkt liegt augenscheinlich wie ein Schleier über den Räumlichkeiten des Messegeländes in Frankfurt, der die mit Vehemenz verfolgten "Elektromobilitätsoffensiven" zahlreicher Hersteller, trübt. Aktuell gibt es wohl kaum einen Hersteller oder Zulieferer, der nicht über schwindende Gewinne klagt. Es wird sogar von „Katerstimmung“ oder „Mammutaufgabe“ gesprochen. Während vor den Toren der Messe jederzeit protestfreudige Klima-Demonstranten aufmarschieren können, wuseln zahlreiche Besucher interessiert und kritisch um die neuen Elektro-Modelle. Volkswagen hat für den ID.3 wohl die größte Show inszeniert. Andererseits sind die großen SUV nicht weniger geworden - schließlich wächst das Segment weltweit.

Mittlerweile versuchen Hersteller wie Audi, BMW, Peugeot oder Mercedes den Hybrid wieder verstärkt ins Rennen zu bringen und als sinnvollen Mittelweg anzupreisen. Imagepolitur für eine Übergangslösung sozusagen, bis es mit der Reichweite der Lithium-Ionen-Akkus klappt. Dennoch: Statt den Besuchern lediglich auf Hochglanz polierte Autos aufzutischen, setzt die IAA in diesem Jahr neben der Autoschau verstärkt auf ein breiteres Rahmenprogramm - inklusive Fahrtests. VDA-Präsident Bernd Mattes plant die IAA künftig mit IT- und Technologieunternehmen aufzuwerten. „Wir gehen weg von der klassischen Ausstellung und hin zu einem dynamischen Event“, so Mattes. Noch Ende dieser Woche wollen Vertreter der Hersteller und des Automobilverbands VDA auf einer gemeinsamen Sitzung über die Zukunft des Branchentreffs beraten.

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